Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Täglich eine Million Euro Zwangsgeld für Polen
Europäischer Gerichtshof verurteilt Regierung in Warschau wegen Ignorierens von EU-Rechtsprechung
LUXEMBURG (dpa) - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Polen zur Zahlung eines täglichen Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro verurteilt. Grund für den Schritt ist nach einer Gerichtsmitteilung vom Mittwoch die bisherige Weigerung des Landes, höchstrichterliche Entscheidungen zu umstrittenen Justizreformen umzusetzen.
Konkret geht es dabei insbesondere um die Anordnung, die Arbeit der umstrittenen Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern zu stoppen. Die Tätigkeit ist nach EuGH-Entscheidungen nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar.
Die Einhaltung der Anordnung vom 14. Juli sei erforderlich, um einen „schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden“von der Rechtsordnung und den Werten der EU abzuwenden, ließ der Vizepräsident des Gerichtshofs am Mittwoch mitteilen. Das Zwangsgeld solle bewirken, dass Polen die Einhaltung nicht hinauszögere.
Ob die Maßnahmen wirklich ihren Zweck erfüllen, ist allerdings zweifelhaft. Die Regierung in Warschau reagierte empört auf die EuGH-Entscheidung und verurteilte sie als „Erpressung“. „Der EuGH verachtet und ignoriert die polnische Verfassung und die Urteile des Verfassungsgerichts komplett“, kommentierte Vize-Justizminister Sebastian Kaleta. „Das ist eine weitere Etappe der Operation, die Polen
den Einfluss auf seine Staatsform wegnehmen soll. Das ist Usurpation und Erpressung.“
Der Fraktionschef der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, Ryszard Terlecki, sagte auf die Frage, ob Polen nun täglich zahlen werde: „Wir haben noch nichts gezahlt, also keine Panik.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor deutlich gemacht, dass sie milliardenschwere Corona-Hilfen für Polen so lange blockieren will, bis das Land entscheidende Justizreformen rückgängig gemacht hat. Hintergrund dieser Ankündigung war ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, nach dem Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind.
Diese Entscheidung wird von der EU-Kommission als höchst problematisch angesehen, weil sie der polnischen Regierung einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des EuGH zu ignorieren.
Der Europäische Gerichtshof hat Polen ein Zwangsgeld auferlegt.