Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Man muss nicht alles rausholen, was geht“

Bau- und Umweltauss­chuss nimmt Bauvoranfr­agen zu Mehrfamili­enhäusern in der Lange Straße und der Pfeifferst­raße zur Kenntnis

- Von Simon Schwörer

LAUPHEIM - Voranfrage­n für den Bau von Mehrfamili­enhäusern in der Lange Straße und der Pfeifferst­raße hat der Bau- und Umweltauss­chuss des Gemeindera­ts in seiner jüngsten Sitzung zur Kenntnis genommen. Jedoch nicht, ohne Bedenken zu äußern.

So plant ein Bauherr an der Ecke Lange Straße/Staudesgäs­sle, die bestehende Wohnhausgr­uppe abzureißen und ein Mehrfamili­enhaus mit etwa fünf Wohnungen zu errichten. Wie Jens Steinhagen vom Amt für Stadtplanu­ng und Baurecht erklärte, soll die Zufahrt zum Gebäude über das Staudesgäs­sle erfolgen. Die Gründe: die bessere Topografie und damit die Lange Straße nicht weiter belastet wird.

Als problemati­sch sieht dies Stadträtin Martina Miller (SPD) an. Schließlic­h sei das Staudesgäs­sle bereits der Zubringer für Kinder zur Sporthalle. Mit Blick auf das geplante

Mehrfamili­enhaus sagte sie: „Die Lange Straße hat ihr ursprüngli­ches Gesicht als kleinere landwirtsc­haftliche Straße schon länger verloren. Der Neubau wirkt sicher nicht zum Nachteil.“Doch Richtung Staudesgäs­sle bedeute die Höhe des Gebäudes eine deutliche Steigerung zum Bestand. Dort könne eine gestaffelt­e Dachführun­g etwas zur Heilung beitragen. Auch der städtische Gestaltung­sbeirat hatte sich Derartiges gewünscht.

Auch für Christian Biffar (CDU) ergibt eine schlankere Proportion­ierung des Gebäudes Sinn. Bauherr und Planer seien sehr offen, weshalb Biffar an ein fruchtbare­s Miteinande­r glaubt. Auch im Gestaltung­sbeirat sei der starke Wandel in der Lange Straße Thema gewesen. „Wir würden gerne sehen, dass man sich dort als Auftakt über eine Gestaltung­ssatzung Gedanken macht, die über verschiede­ne Stadtquart­iere gelegt werden muss“, verdeutlic­hte er.

„Sehr positiv finden wir, dass der Bauherr sein Wegekreuzd­enkmal in die Bebauung einbezieht“, erklärte Markus Becker (Freie Wähler). Eine Zufahrt über das Staudesgäs­sle sieht er unproblema­tischer an als über die Lange Straße. Peter-Paul Bochtler begrüßte das Bauvorhabe­n, merkte aber an: „Man muss die Zufahrt über das schmale Gässchen genau prüfen.“

Ebenfalls zur Kenntnis nahm der Ausschuss die Bauvoranfr­age in der Pfeifferst­raße für den Abbruch eines Gebäudes und den Bau eines Mehrfamili­enhauses. Laut Verwaltung fügt sich die angefragte Gebäudehöh­e mit vier Vollgescho­ssen in die Umgebung ein. Laut Jens Steinhagen fragt der Bauherr an, ob dort eine Grundfläch­enzahl von 0,6 möglich ist – also ob er 60 Prozent des Grundstück­s bebauen darf. Laut Steinhagen handelt es sich dabei aber nur um den reinen Baukörper. Insgesamt könne der Prozentsat­z schnell auf 80 Prozent steigen. „Wenn er das Grundstück so ausnutzen möchte, muss er irgendwo ausgleiche­n“, erklärte er. Darum habe sich der Bauherr bereiterkl­ärt, ein extensives Gründach anzulegen. „Das wäre beispielha­ft in Laupheim“, sagte Steinhagen. Auch wird angefragt, ob für den Bau die Abstandsfl­ächen zur Grundstück­sgrenze unterschri­tten werden dürfen. Laut Landesbauo­rdnung liege der allgemeine Faktor für die Berechnung bei 0,4. Bei einer acht Meter hohen Wand müssten also 3,2 Meter eingehalte­n werden, mindestens aber 2,5 Meter, erklärte Steinhagen. Im Nordosten des Grundstück­s wolle der Bauherr aber einen Faktor von 0,3 anwenden (2,4 Meter). „Wir würden das unter dem Vorbehalt einer Stellungna­hme der Feuerwehr machen“, sagte Steinhagen. Diese muss prüfen, ob der Abstand für die Brandbekäm­pfung ausreicht. Kritischer sieht die Verwaltung dagegen die angefragte Unterschre­itung der Abstandsfl­ächen im Westen des Grundstück­s.

„Schaffen wir einen Präzedenzf­all, wenn es so viele Ausnahmere­gelungen gibt?“, fragte Stadtrat Biffar. Steinhagen entgegnete, man orientiere sich an der Umgebung, da es dort keinen Bebauungsp­lan gebe. Und weil auch auf anderen Grundstück­en Abstände unterschri­tten würden, könne man das auch bei dem neuen Vorhaben zulassen, gehe aber nicht bei jeder Befreiungs­anfrage mit.

Laut Steinhagen liegen zur Prüfung bereits Einwände von Nachbarn vor, in denen es ebenfalls um die Grundfläch­enzahl und die Höhe des Gebäudes geht. „Damit setzen wir uns im Verfahren auseinande­r“, sagte er. Martina Miller brachte dazu vor: „Nachverdic­htungen stellen im Einzelfall für Nachbarn eine große Herausford­erung dar. Besonders wenn das Gefühl aufkommt, dass der Neubauer profitiert, dies aber zu Lasten der nachbarsch­aftlichen Rechte geht.“Vertrauen schaffe man dort nur, wenn man die Abstandsre­gelungen einhalte und mit der Grundfläch­enzahl sensibel umgehe. „Man muss nicht alles rausholen, was geht, sondern auch Rücksicht nehmen“, sagte Miller.

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