Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Man muss nicht alles rausholen, was geht“
Bau- und Umweltausschuss nimmt Bauvoranfragen zu Mehrfamilienhäusern in der Lange Straße und der Pfeifferstraße zur Kenntnis
LAUPHEIM - Voranfragen für den Bau von Mehrfamilienhäusern in der Lange Straße und der Pfeifferstraße hat der Bau- und Umweltausschuss des Gemeinderats in seiner jüngsten Sitzung zur Kenntnis genommen. Jedoch nicht, ohne Bedenken zu äußern.
So plant ein Bauherr an der Ecke Lange Straße/Staudesgässle, die bestehende Wohnhausgruppe abzureißen und ein Mehrfamilienhaus mit etwa fünf Wohnungen zu errichten. Wie Jens Steinhagen vom Amt für Stadtplanung und Baurecht erklärte, soll die Zufahrt zum Gebäude über das Staudesgässle erfolgen. Die Gründe: die bessere Topografie und damit die Lange Straße nicht weiter belastet wird.
Als problematisch sieht dies Stadträtin Martina Miller (SPD) an. Schließlich sei das Staudesgässle bereits der Zubringer für Kinder zur Sporthalle. Mit Blick auf das geplante
Mehrfamilienhaus sagte sie: „Die Lange Straße hat ihr ursprüngliches Gesicht als kleinere landwirtschaftliche Straße schon länger verloren. Der Neubau wirkt sicher nicht zum Nachteil.“Doch Richtung Staudesgässle bedeute die Höhe des Gebäudes eine deutliche Steigerung zum Bestand. Dort könne eine gestaffelte Dachführung etwas zur Heilung beitragen. Auch der städtische Gestaltungsbeirat hatte sich Derartiges gewünscht.
Auch für Christian Biffar (CDU) ergibt eine schlankere Proportionierung des Gebäudes Sinn. Bauherr und Planer seien sehr offen, weshalb Biffar an ein fruchtbares Miteinander glaubt. Auch im Gestaltungsbeirat sei der starke Wandel in der Lange Straße Thema gewesen. „Wir würden gerne sehen, dass man sich dort als Auftakt über eine Gestaltungssatzung Gedanken macht, die über verschiedene Stadtquartiere gelegt werden muss“, verdeutlichte er.
„Sehr positiv finden wir, dass der Bauherr sein Wegekreuzdenkmal in die Bebauung einbezieht“, erklärte Markus Becker (Freie Wähler). Eine Zufahrt über das Staudesgässle sieht er unproblematischer an als über die Lange Straße. Peter-Paul Bochtler begrüßte das Bauvorhaben, merkte aber an: „Man muss die Zufahrt über das schmale Gässchen genau prüfen.“
Ebenfalls zur Kenntnis nahm der Ausschuss die Bauvoranfrage in der Pfeifferstraße für den Abbruch eines Gebäudes und den Bau eines Mehrfamilienhauses. Laut Verwaltung fügt sich die angefragte Gebäudehöhe mit vier Vollgeschossen in die Umgebung ein. Laut Jens Steinhagen fragt der Bauherr an, ob dort eine Grundflächenzahl von 0,6 möglich ist – also ob er 60 Prozent des Grundstücks bebauen darf. Laut Steinhagen handelt es sich dabei aber nur um den reinen Baukörper. Insgesamt könne der Prozentsatz schnell auf 80 Prozent steigen. „Wenn er das Grundstück so ausnutzen möchte, muss er irgendwo ausgleichen“, erklärte er. Darum habe sich der Bauherr bereiterklärt, ein extensives Gründach anzulegen. „Das wäre beispielhaft in Laupheim“, sagte Steinhagen. Auch wird angefragt, ob für den Bau die Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze unterschritten werden dürfen. Laut Landesbauordnung liege der allgemeine Faktor für die Berechnung bei 0,4. Bei einer acht Meter hohen Wand müssten also 3,2 Meter eingehalten werden, mindestens aber 2,5 Meter, erklärte Steinhagen. Im Nordosten des Grundstücks wolle der Bauherr aber einen Faktor von 0,3 anwenden (2,4 Meter). „Wir würden das unter dem Vorbehalt einer Stellungnahme der Feuerwehr machen“, sagte Steinhagen. Diese muss prüfen, ob der Abstand für die Brandbekämpfung ausreicht. Kritischer sieht die Verwaltung dagegen die angefragte Unterschreitung der Abstandsflächen im Westen des Grundstücks.
„Schaffen wir einen Präzedenzfall, wenn es so viele Ausnahmeregelungen gibt?“, fragte Stadtrat Biffar. Steinhagen entgegnete, man orientiere sich an der Umgebung, da es dort keinen Bebauungsplan gebe. Und weil auch auf anderen Grundstücken Abstände unterschritten würden, könne man das auch bei dem neuen Vorhaben zulassen, gehe aber nicht bei jeder Befreiungsanfrage mit.
Laut Steinhagen liegen zur Prüfung bereits Einwände von Nachbarn vor, in denen es ebenfalls um die Grundflächenzahl und die Höhe des Gebäudes geht. „Damit setzen wir uns im Verfahren auseinander“, sagte er. Martina Miller brachte dazu vor: „Nachverdichtungen stellen im Einzelfall für Nachbarn eine große Herausforderung dar. Besonders wenn das Gefühl aufkommt, dass der Neubauer profitiert, dies aber zu Lasten der nachbarschaftlichen Rechte geht.“Vertrauen schaffe man dort nur, wenn man die Abstandsregelungen einhalte und mit der Grundflächenzahl sensibel umgehe. „Man muss nicht alles rausholen, was geht, sondern auch Rücksicht nehmen“, sagte Miller.