Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mord an 13-Jähriger nach 27 Jahren vor Aufklärung
Polizei nimmt nach DNA-Analysen 44-jährigen Verdächtigen fest, der schon zur Tatzeit im Fokus stand
WÜRZBURG (dpa) - Kurz vor Weihnachten 1993 kommt eine 13-Jährige aus dem unterfränkischen Karlstadt nicht nach Hause: 27 Jahre nach dem Gewaltverbrechen an dem Mädchen haben Ermittler einen Tatverdächtigen aus dem Landkreis Main-Spessart festgenommen. „Nach nun vorliegenden Erkenntnissen ist ein heute 44Jähriger dringend verdächtig, im Alter von 17 Jahren das damals vier Jahre jüngere Mädchen getötet zu haben“, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Der Mann stand offenbar schon früher im Fokus der Ermittler.
Suchtrupps aus Polizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk sowie Menschen aus dem Ort hatten im Dezember 1993 zwei Tage lang die Gegend in Karlstadt (Landkreis Main-Spessart) durchkämmt. Auf einem Bauernhof im Stadtteil Wiesenfeld war das Mädchen zuletzt gesehen worden. Dort wurden in einer Jauchegrube ihre Jacke und Kleidung gefunden – aber nicht die 13-Jährige.
Ein Ermittler bestand der „MainPost“zufolge damals hartnäckig darauf, auch eine abseits liegende Grube zu öffnen. Als der schwere Betondeckel hochgehoben wurde, lag in der Güllegrube die Leiche. Das Mädchen kam nach Angaben der Staatsanwaltschaft durch massive Gewalteinwirkung zu Tode.
Mord verjährt nicht – daher wurde die Akte des Falls nicht geschlossen. Im Rahmen von sogenannten AltfallErmittlungen prüften Profiler immer wieder neue Ermittlungsansätze. Technischer Fortschritt und feinere DNA-Analysen veranlassten letztlich einen neuen Durchsuchungsbefehl – nach mehr als 27 Jahren.
Am Mittwoch suchten Kriminalbeamte den damaligen Fundort erneut ab und durchsuchten auch das Anwesen des Tatverdächtigen im Landkreis Main-Spessart. Das Motiv war noch unklar. Mehr wollten die Behörden zunächst nicht mitteilen. Der 44-jährige Tatverdächtige musste sich am Donnerstagnachmittag vor dem Ermittlungsrichter verantworten.
Kurz nach der Tat wurde ein damals 15-jähriger Schüler festgenommen, der wie die Getötete aus dem Karlstadter Ortsteil Wiesenfeld stammt. Im folgenden Prozess wegen Totschlags wurde der Jugendliche freigesprochen. Unter anderem hatten ihn Zeugenaussagen entlastet. Jahre später kam er bei einem Verkehrsunfall ums Leben.
Die Aufklärungsquote für Mord liegt Polizeistatistiken zufolge seit Jahren bei 90 bis 95 Prozent. Nicht alle Gewaltverbrechen und Vermisstenfälle können rasch aufgeklärt werden. Altfälle, sogenannte Cold Cases, werden immer wieder aufgerollt. Für Angehörige eine schier unvorstellbar lange Zeit der Ungewissheit.