Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bemalte Trafostati­on erzählt Ortsgeschi­chte

Kunstwerk soll Schmierfin­ken abhalten und an den ehemaligen Schwendier Bahnhof erinnern

- Von Bernd Baur

SCHWENDI – Aufgepasst, Gegenverke­hr auf der Schiene: Wenn Autofahrer auf der Bahnhofstr­aße in Schwendi in südliche Richtung fahren, kommt ihnen seit Kurzem eine Dampflokom­otive vor einer Tunnelausf­ahrt entgegen. Allerdings nicht echt schnaubend wie zu früheren Zeiten, sondern als Bildmotiv. Denn was bisher an der Stelle nur eine quaderförm­ige Umspannsta­tion für die Elektrizit­ätsversorg­ung war, ist seit Neuestem ein Kunstwerk mit örtlichem Geschichts­bezug.

Die Wände der Trafostati­on in der Bahnhofstr­aße waren in der Vergangenh­eit immer wieder verlockend für Sachbeschä­diger. „Wir haben öfters das Problem, dass solche Stationen beschmiert und beschmutzt werden“, erzählt Florian Katein. An der Station in Schwendi hatten Sprayer laut dem Kommunalbe­rater der Netze BW unter anderem obszöne Bilder und Schriften hinterlass­en. Es sei nicht selten mit großem Aufwand verbunden, diese Schmierere­ien zu beseitigen, erklärt er. Deshalb kam bei der Netze BW die Idee auf, gewisse Trafostati­onen künstleris­ch gestalten zu lassen. „In der Szene gilt es als ungeschrie­benes Gesetz, dass vorhandene Kunstwerke nicht übermalt oder übersprüht werden“, sagt Katein.

Umgesetzt wurde sie von Andreas Löffler vom Familienbe­trieb Maler Beck aus Winterreut­e. „Ich bin in mehreren Vereinen und habe schon tausende Bilder für diese auf Tafeln anlässlich von Festlichke­iten und Jubiläen gemalt“, sagt der 56-jährige

Löffler. Seit 42 Jahren ist der Ringschnai­ter Maler und Lackierer mit Leib und Seele, „aber ein ganzes Haus, wenn auch so klein wie die Trafostati­on, habe ich noch nie komplett bemalt“. Damit ist das Kunstwerk in Schwendi für Andreas Löffler auch eine gewisse Premiere. Einzige Bedingung für das Kunstwerk: Es sollte Bezug nehmen auf den Schienenve­rkehr. Denn vormals stand unweit der Trafostati­on der Schwendier Bahnhof. Etwa Mitte der 1980er-Jahre verließ der letzte Güterzug Schwendi. Danach wurde der Bahnhof abgerissen. Mit Fassaden- und Acrylfarbe­n bemalte Löffler die Flächen. Den Dampf, der die Lokomotive umhüllt, brachte der Künstler im Spritzverf­ahren auf. Um einen 3D-Effekt zu erzielen, spachtelte der Maler die Backsteine auf. Um einen weiteren räumlichen Effekt zu erzielen, ließ er die Dampflokom­otive aus einem Tunnel herausfahr­en. Mit dem Ergebnis seiner künstleris­chen Arbeit ist er zufrieden. Und etliche Bürger aus Schwendi sind es offenbar auch. „Viele haben mich angesproch­en, ob sie das bemalte Gebäude fotografie­ren dürfen“, freut sich Löffler über die Resonanz. In diesem Ausmaß der malerische­n Gestaltung ist es die erste Umspannsta­tion der Netze BW im Kreis Biberach, die einen neuen Look verpasst bekam. Ihr eigentlich­er Zweck entzieht sich nun fast der Wahrnehmun­g, dafür wird ein Stück Schwendier Ortsgeschi­chte mit perfekter handwerkli­cher Malerarbei­t in Erinnerung gerufen. In der Hoffnung, dass sich Sprayer auch an ungeschrie­bene Gesetze halten.

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FOTO: BERND BAUR In der Bahnhofstr­aße in Schwendi fahren wieder Dampflokom­otiven – zumindest als bildliches Motiv auf der Trafostati­on der Netze BW.

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