Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Extra-Urlaub bleibt einmalige Sache
Das sind die Reaktionen auf die Entscheidung des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim
BIBERACH/INGELHEIM - Diese Nachricht hat diese Woche in der Region für viel Beachtung und Diskussion gesorgt: Das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim, dessen hiesiger Standort mit rund 6400 Mitarbeitern größter Arbeitgeber in Biberach ist, gibt weltweit allen Mitarbeitern zwischen Heiligabend und 4. Januar bezahlten Extra-Urlaub, um sich von den betrieblichen und familiären Auswirkungen der CoronaPandemie erholen zu können. Auf der Internetseite schwäbische.de und in sozialen Netzwerken gab es dafür viel Zustimmung, allerdings auch einige kritische Stimmen.
Nachdem die Boehringer-Mitarbeiter von der Unternehmensleitung am Dienstag über die Urlaubsregelung informiert wurden und die „Schwäbische Zeitung“als erstes Medium online darüber berichtete, wurde der Artikel tausendfach geklickt, es gab jede Menge zustimmende Reaktionen aus der Leserschaft und mehrere Medienanfragen an das Unternehmen, wie Pressesprecher Matthias Michael Reinig berichtet. „Auch die Reaktionen unserer Mitarbeiter auf den zusätzlichen
TRAUERANZEIGEN Urlaub waren weltweit sehr positiv. Das Signal der Wertschätzung wurde deutlich wahrgenommen.“
So unterschiedlich die Auswirkungen der Pandemie in den Ländern mit Boehringer-Standorten auch seien, „uns verbindet, dass sich alle Kollegen in der Situation der vergangenen Monate enorm anstrengen mussten“, sagt Reinig. Alle wichtigen Bereiche, darunter die Forschung und die Medikamentenlieferung, hätten perfekt funktioniert. „Das verbindet, führt aber mit der Zeit auch zu einer gewissen Erschöpfung“, so der Sprecher. Deshalb hätten es die Mitarbeiter positiv aufgenommen, dass die Unternehmensleitung sich um deren Wohlergehen in Pandemiezeiten kümmere. So wie die Pandemie eine – hoffentlich – einmalige Ausnahmesituation sei, so sei auch diese besondere Urlaubsregelung als Reaktion darauf etwas Einmaliges, betont Reinig.
In den sozialen Netzwerken gab es allerdings auch einige kritische
Stimmen, die fragten, ob der bezahlte Extraurlaub das richtige Zeichen sei, wenn gleichzeitig andere Firmen und deren Mitarbeiter um ihre Existenz kämpfen müssten. Unternehmenssprecher Reinig kann das nachvollziehen: „Die Situation ist grotesk: Während für manche Branchen quasi ein Berufsverbot gilt, sehen sich andere aufgrund der vielen Arbeit plötzlich vor neuen Herausforderungen für Beruf und Familie.“Die Mitarbeiter von Boehringer Ingelheim müssten im Moment mehr leisten. „Damit sie auch künftig Vollgas geben können, gibt es nun diese kleine Pause.“
Alle 51 000 Mitarbeiter von Boehringer Ingelheim weltweit werden zwischen den Jahren aber trotzdem nicht im Urlaub sein, so Reinig. „In Bereichen, die mit Patienten- und Liefersicherheit oder wichtiger Forschung zu tun haben, wird es in dieser Zeit einen Notdienst geben.“Ebenso laufe auch alles weiter, was mit der aktuellen Covid-19-Forschung bei Boehringer Ingelheim zu tun habe. „Da machen wir keinen Tag Pause“, sagt Reinig. Die betroffenen Mitarbeiter erhielten ihren ExtraUrlaub dann zu Beginn des kommenden Jahres.