Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Was Tierfreunde in Notfällen beachten müssen.
Der Rettungshundezug des ASB Orsenhausen-Biberach zeigt, was in Notfällen zu tun ist
GSCHWENDI - In Notfallsituationen gilt: einen kühlen Kopf bewahren. Nicht nur, wenn Menschen betroffen sind, sondern auch, wenn es um den Hund geht. Wie Herrchen und Frauchen bei allergischen Reaktionen, Verletzungen, Vergiftungen und lebensbedrohlichen Situationen reagieren sollten, hat die Rettungshundestaffel ASB Orsenhausen-Biberach am Donnerstag beim Kurs „Erste Hilfe am Hund“gezeigt.
Hunde tollen für ihr Leben gerne – egal, ob mit anderen Spielgefährten oder allein beim Gassi gehen. Doch wenn die Tiere richtig loslegen, kann es schnell zu Verletzungen kommen: ein aufgeschlagener Schwanz, ein eingerissenes Ohr, eine blutige Pfote oder ausgerissene Kralle. All das sind Blessuren, die Hundebesitzer aus ihrer alltäglichen Erfahrung kennen. „Bei Pino waren es häufig Verletzungen an der Rute“, sagt die Referentin Corinna Romig-Sekler, Tierärztin aus Ochsenhausen und Hundeführerin beim ASB, über ihren sechs Jahre alten Magyar Vizla.
Woran wohl die wenigsten Hundebesitzer nach einem Unfall denken: Eigensicherung. Gerade die ist aber wichtig, erklärt die Tierärztin in ihrem Vortrag. Verunglückt der Hund an einer Straße, gilt absolute Vorsicht – zuerst sollte sich der Besitzer der Gefahrensituation durch herannahende Autos bewusst werden, erklärt Romig-Sekler. Außerdem muss der Tierhalter mit einer Abwehrreaktion des Hundes rechnen: „In Stresssituationen kennen die Tiere teilweise den Unterschied zwischen Freund und Feind nicht mehr.“Deshalb sollte dem Vierbeiner immer ein Maulkorb oder eine Maulschlinge angelegt werden, bevor Erste Hilfe geleistet wird: „Als Hilfsmittel für eine Maulschlinge kann eine Mullbinde, ein dünnes Seil oder ein Schnürsenkel dienen.“
Die Versorgung der Verletzung folgt im nächsten Schritt – doch bevor eine Wunde verbunden werden kann, muss sie zunächst gesäubert werden, erklärt die Tierärztin und erläutert das Anlegen eines Verbandes an Pfote, Schwanz und Kopf. Nun sind die Teilnehmer gefragt, die Theorie an den vier munteren Hunden Smiley, Djuke, Pino und Henry in die Praxis umzusetzen. „Beim Pfotenverband müssen Zwischenzehenspalt oder Knochenvorsprünge mit Verbandswatte gepolstert werden.“
Die Teilnehmer reißen mehrere kurze Stücke Watte ab. Ganz tapfer lässt sich der Rettungshund Henry, ein drei Jahre alter Border CollieMix, die Pfote auspolstern und verbinden. Anschließend wird die mit einer selbsthaftenden Flexbinde umwickelt. „Dabei etwas Watte überstehen lassen“, erklärt die Tierärztin. Das gilt auch für Schwanzund Kopfverband. Als Wundauflage für einen Verband kann ein Mullbindenpäckchen verwendet werden. „Irgendetwas mit fester Struktur für den Druckaufbau.“Bei stark blutenden Wunden wird auch bei Vierbeinern ein Druckverband angelegt. „Da muss man aufpassen, dass die Atmung nicht eingeschränkt wird.“Bei sehr starker Blutung können Gliedmaßen auch oberhalb der Verletzung abgebunden werden, erklärt die Tierärztin, ergänzt aber die Warnung: „Nach zehn Minuten besteht die Gefahr, dass Gewebe abstirbt.“
Generell müsste bei schwerwiegenden Verletzungen der Tierarzt aufgesucht werden – durch die Erstversorgung gewinnt der Tierhalter allerdings wichtige Zeit. „Infolge schwerer Verletzungen kann es auch zum Schock kommen“, erklärt Romig-Sekler und erläutert die Anzeichen: Herzschlag beschleunigt, flache und schnelle Atmung, blasse Schleimhäute in Maul und Augen, die sich nach Druckausübung nur langsam mit Blut füllen. Bei Pfählungsverletzungen rät die Tierärztin: „Den Gegenstand nicht aus der Wunde ziehen, ansonsten können Organe und Arterien verletzt werden.“Einen Beinbruch könnten Tierhalter mit einer Zeitung als Schiene stabilisieren, um das Tier transportfähig zu machen. „Sollte unterwegs etwas passieren, kann eine Decke oder Jacke als Trage dienen.“
Doch was tun, wenn sich der Hund in einer lebensbedrohlichen Situation befindet? „Durch einen Stromschlag oder Hitzschlag kann es zu einem Herzstillstand kommen“, erklärt die Referentin. Zunächst muss sichergestellt werden, dass der Hund tatsächlich nicht mehr auf Reflexe reagiert, dazu wird dem Tier in den Zehenzwischenraum gekniffen, erklärt Romig-Sekler. „So testen wir Tierärzte auch die Wirkung der Narkose.“Gibt der Hund keine Reaktion von sich, muss er in die stabile Seitenlage gebracht werden: Das Tier auf die unverletzte Seite – bevorzugt auf die Rechte – legen; immer über den Bauch drehen, ansonsten besteht die Gefahr einer Magendrehung; Maul öffnen, sodass das Tier erbrechen kann.
„Obwohl der Hund nicht reagiert, kann noch Puls- beziehungsweise Herzschlag vorhanden sein“, sagt Romig-Sekler. Deshalb sollte der Besitzer die Atmung mit einem kleinen Spiegel vor der Nase überprüfen. „Stellen sie sicher, dass kein Fremdkörper die Atemwege blockiert.“Ansonsten funktioniert auch der Heimlich-Griff bei Hunden. Anschließend veranschaulicht die Tierärztin, wie eine Herzdruckmassage beim Hund vorgenommen wird – zehn Druckstöße mit der Hand hinter dem linken Ellenbogen: „Beim Hund befindet sich das Herz wie bei uns Menschen leicht links.“
Mit einem Exkurs zu besonderen Situationen, wie Hitzschlag, Magendrehung und allergische Reaktionen endet der Vortrag der Tierärztin. Ihre wichtigsten Tipps bei Vergiftungen: dem Tierarzt genau die Symptome schildern und was der Hund gefressen haben könnte. „Rattengift ist besonders tückisch, es wirkt erst lange Zeit nach der Aufnahme.“