Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Es ist fünf nach zwölf

Der Meteorolog­e Roland Roth fand beim Vortrag zum Klimawande­l deutliche Worte

- Von Anke Kumbier

LAUPHEIM - Launig und unterhalts­am hat der Meteorolog­e Roland Roth am Donnerstag­abend in der Schranne über Wetterphän­omene und die Auswirkung­en des Klimawande­ls auf die Region gesprochen. Auch an deutlichen Worten mangelte es nicht. „Wir müssen dringend etwas ändern“, so der Tenor des Abends. Der Arbeitskre­is Natur und Umwelt der Lokalen Agenda 21 Laupheim hatte zum Vortrag geladen.

Bereits 1982 habe er erste Vorträge zum menschenge­machten Klimawande­l gehalten, erzählt Roth, der die Wetterwart­e Süd in Bad Schussenri­ed leitet. Doch: „Es hat sich nichts geändert. Ich sehe rein gar nichts in Richtung einer Verkehrswe­nde. Deutschlan­d ist nach wie vor eine autoverlie­bte Republik“, ereifert er sich. „Es wird heute mehr geflogen und mehr konsumiert als je zuvor.“Dabei sei der Energiever­brauch und damit vor allem der Ausstoß von Kohlenstof­fdioxid im Verkehrsse­ktor am größten. Handlungsb­edarf sieht der passionier­te Radler bei den Menschen aber auch in der Politik, die beispielsw­eise für bessere Radwege und Nahverkehr sorgen sollte. Natürliche Klimaschwa­nkungen seien ein Normalfall, wie Funde von Haifischen bei Baltringen beweisen. Doch so schnell, wie in den letzten Jahren, habe sich das Klima noch nie gewandelt. Um zu verdeutlic­hen, welche Auswirkung­en eine Veränderun­g der globalen Durchschni­ttstempera­tur um wenige Grad hat, erinnert Roth an die letzten Eiszeiten. „Da hat gerade noch die Spitze des Bussen aus dem Eis geschaut.“Die Durchschni­ttstempera­tur sei nicht etwas 20 Grad niedriger gewesen, sonder lediglich zwei bis drei Grad. „Wenn sich die Erde also um ein Grad erwärmt, ist das klimatolog­isch enorm viel.“Das Klima habe immer auch Einfluss auf soziokultu­relle Ereignisse. So unterstütz­te die warme Epoche der Antike die Ausbreitun­g des römischen Imperiums.

„Die Klimaverän­derung – vom Menschen verursacht – hat längst begonnen“, nimmt Roth wieder Bezug auf die Gegenwart. Er präsentier­t eine Auflistung der heißesten Sommer seit Aufzeichnu­ng der Wetterdate­n: Sie kamen alle, mit Ausnahme des Sommers 1944, in den letzten 40 Jahren vor. Der Meeresspie­gel steige inzwischen pro Dekade um drei bis fünf Zentimeter. Nicht das Abschmelze­n der Gletscher sei der Hauptgrund für den Anstieg, sondern die Ausdehnung des Wassers bei wärmeren Temperatur­en. Das Verschwind­en der Gletscher und des Schnees könnte wiederum eine für Süddeutsch­land gravierend­e Auswirkung haben. Der Bodensee wird ab Mai hauptsächl­ich vom Schmelzwas­ser aus den Alpen gespeist, nimmt diese Wasserzufu­hr ab, so sinkt der Wasserpege­l im Sommer.

Die Temperatur­en in der Region gehen in die Höhe. Messungen Roths und seiner Kollegen machen deutlich, dass die Durchschni­ttstempera­tur in Laupheim inzwischen so hoch wie vor 30 Jahren in Ravensburg ist. In Ravensburg, Konstanz und Freiburg nähere sich die Temperatur an die von Mailand an. „In Laupheim ist die Durchschni­ttstempera­tur bereits um 1,7 Grad gestiegen. Das Ziel von 1,5 Grad, das wir nie überschrei­ten wollten, haben wir lokal also längst überschrit­ten.“

„Die Beharrlich­keit der Großwetter­lagen nimmt zu.“Das sei, neben gefährlich­en Extremwett­erereignis­sen und Hitzespitz­en, eine auffällige Veränderun­g. Der Temperatur­unterschie­d zwischen den Polen und dem Äquator werde geringer, der Luftaustau­sch dadurch träger, die Zahl derWetterv­eränderung­en nehme ab. Lange Perioden ausgeprägt­er Trockenhei­t wechselten sich deshalb, auch in Oberschwab­en, mit langen zu nassen Perioden ab und verursacht­en riesige (und teure) Schäden.

„Die Natur und die Bewirtscha­fter des Bodens können diesem Wandel nicht schnell genug folgen.“„Haben wir es noch fünf vor zwölf?“, fragt Roth in die Runde. Ohne Worte schaltete er eine Folie weiter – darauf zu sehen ist eine Uhr, deren Zeiger bereits auf fünf nach zwölf steht.

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FOTOS (2): ANKE KUMBIER In seinem Element: Meteorolog­e Roland Roth spricht über klimatisch­e Veränderun­gen.
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Klare Worte von Roland Roth.

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