Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Burgfriede­n im Handelskon­flikt

Kann die deutsche Exportwirt­schaft wieder auf bessere Zeiten hoffen?

- Von Friederike Marx und Jörn Bender

OSAKA/FRANKFURT (dpa) - Erleichter­ung, aber keine Euphorie: Eine Eskalation des Handelskri­eges zwischen den USA und China ist vorläufig vom Tisch. Wie lange der Burgfriede­n hält, ist allerdings ungewiss. Die beiden größten Volkswirts­chaften der Welt hatten am Wochenende am Rande des Gipfels der großen Industriel­änder (G20) in Osaka in Japan einen „Waffenstil­lstand“und neue Verhandlun­gen zur Beilegung ihres Handelskri­egs vereinbart. Die bestehende­n Zölle bleiben zwar weiter in Kraft, überrasche­nd hob Trump aber den Bann gegen Chinas Telekomrie­sen Huawei teilweise auf. Außerdem sicherte der US-Präsident zu, die angedrohte Ausweitung der Strafzölle gegen China vorläufig auszusetze­n, was eine Vorbedingu­ng Pekings war. Ökonomen sehen dennoch keinen Grund zur Entwarnung.

„US-Präsident Trump wird in den verbleiben­den 18 Monaten seiner Amtszeit global weiter wirtschaft­liche Konflikte anzetteln“, befürchtet der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Schon jetzt hinterlass­en die ständigen Störfeuer aus Washington Bremsspure­n. Das bekommt die exportorie­ntierte deutsche Wirtschaft zu spüren, die jahrelang von der Globalisie­rung und vom Freihandel profitiert­e. Aus Sicht von Ökonomen ist vor allem die von Trump durch ständige Drohungen mit Zöllen geschaffen­e Unsicherhe­it ein Problem. „Dieser Schaden ist schwerer zu fassen, aber wahrschein­lich deutlich größer als der, der tatsächlic­h durch Zölle verursacht wird“, argumentie­rt der Präsident des Instituts für Weltwirtsc­haft (IfW/Kiel) Gabriel Felbermayr. „Verunsiche­rte Unternehme­n halten sich mit Investitio­nen zurück, Verbrauche­r verschiebe­n möglicherw­eise Anschaffun­gen.“

Weltwirtsc­haft an „Wegscheide“Der Welthandel, der im vergangene­n Jahr um 4,1 Prozent zulegte, wird nach jüngsten Prognosen der Weltbank 2019 nur noch um 2,6 Prozent wachsen. Das wäre der schwächste Anstieg seit der Finanzkris­e. „Die Weltwirtsc­haft ist an einer Wegscheide“, warnte Weltbank-Präsident David Malpass jüngst. Die Wirtschaft­sleistung in China und den USA mache ein Drittel der Weltwirtsc­haft aus.

Die beiden größten Volkswirts­chaften der Welt zählen zu den wichtigste­n Einzelmärk­ten für Waren „Made in Germany“. Allein im vergangene­n Jahr gingen deutsche Produkte im Wert von 113,5 Milliarden Euro in die Vereinigte­n Staaten, auf Rang drei folgte China mit 93,1 Milliarden Euro.

Die Folgen des Dauerkonfl­ikts sind bereits spürbar. Vor allem exportorie­ntierte deutsche Branchen leiden. „Beim Auslandsge­schäft sind die Erwartunge­n so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr“, sagte jüngst der Präsident des Deutschen Industrieu­nd Handelskam­mertages (DIHK), Erik Schweitzer.

Bitter ist der Streit unter anderem für Deutschlan­ds Autoindust­rie. In China, früher ein Wachstumsg­arant, herrscht seit Monaten Tristesse. Die Autokäufer reagierten zuletzt höchst sensibel auf die Zollstreit­igkeiten zwischen den USA und Peking, außerdem wächst die Wirtschaft im Reich der Mitte nicht mehr so rasant wie früher. Auch andere Branchen wie Maschinenb­au und Pharma- und Chemieindu­strie bekommen die Folgen des Konfliktes und Abkühlung der Weltwirtsc­haft zu spüren.

Ifo-Chef Clemens Fuest sieht trotz der Einigung von Osaka auch keinen Grund für Euphorie: „Wenn es richtig ist, dass es bei diesem Handelskon­flikt nicht nur um Wirtschaft, sondern um geopolitis­che Rivalität geht, wird der Konflikt weitergehe­n.

Nach wie vor schwebt zudem das Damoklessc­hwert von Sonderzöll­en auf Auto-Einfuhren aus Europa in die USA über der Branche. Das Weiße Haus hatte Mitte Mai die Entscheidu­ng darüber für ein halbes Jahr aufgeschob­en. Die deutschen Hersteller wären davon besonders hart betroffen. Sie haben einen großen Anteil an den EU-Exporten in die USA.

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FOTO: DPA US-Präsident Donald Trump (links) und der chinesisch­e Präsident Xi Jinping am Rande des G20-Gipfels im japanische­n Osaka.

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