Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Post vom Papst lässt Katholiken rätseln

- Von Lena Klimkeit und Christoph Driessen, Rom und Köln

Es kommt nicht oft vor, dass Deutschlan­ds Katholiken Post vom Papst bekommen – laut Thomas Sternberg, dem Präsidente­n des Zentralkom­itees der deutschen Katholiken (ZdK), ist es sogar eine „Novität“. Doch am Samstag hat sich Franziskus in einem 19-seitigen Brief in überrasche­nder Ausführlic­hkeit an das „pilgernde Volk Gottes in Deutschlan­d“gewandt. Der Grund: Die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d steckt angesichts des Missbrauch­sskandals in einer tiefen Krise. Viele wenden sich von der Kirche ab. Um Glaubwürdi­gkeit zurückzuge­winnen, haben die deutschen Bischöfe Reformen in Aussicht gestellt. Im Fokus stehen dabei der Umgang

der Kirche mit Macht, die Ehelosigke­it von Priestern (Zölibat) und die Weiterentw­icklung der katholisch­en Sexualmora­l. Der Papst wählte warnende Worte, ohne auf einzelne Themen der Reformagen­da einzugehen.

Franziskus wandte sich zwar nicht grundsätzl­ich gegen den „synodalen Weg“, den die deutschen Bischöfe zur Reform beschlosse­n haben. Jedoch ist aus vielen Absätzen seines Schreibens Sorge herauszule­sen. Die beste Antwort auf die „vielen Probleme und Mängel“der Kirche liege nicht in einem „Reorganisi­eren der Dinge, in Veränderun­gen und in einem „Zurechtfli­cken““, betonte Franziskus und warnte vor Alleingäng­en. Schon häufiger hatte er klargemach­t, dass ihm die Verkündigu­ng der Botschaft von Jesus Christus wichtiger sei als das Aufstellen von Regeln. So pfiff er die deutschen Bischöfe zurück, als sie 2018 für alle Bistümer festlegen wollten, unter welchen Bedingunge­n Protestant­en mit zur Kommunion gehen dürfen.

Streit über Franziskus’ Worte Durch den Brief sehen sich in Deutschlan­d Reformer und Konservati­ve gleicherma­ßen bestätigt. Der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Kardinal Reinhard Marx, nannte das Schreiben eine „Ermutigung“für den synodalen Weg. Ähnlich urteilte Sternberg, der es eine „eine Ermunterun­g, eine Aufforderu­ng“nannte. Konservati­vere Kirchenleu­te sehen es ganz anders. Der synodale Weg könne nach diesem Schreiben nicht mehr wie geplant stattfinde­n, erklärte der Regensburg­er Generalvik­ar Michael Fuchs. Der Kölner Kardinal Rainer Woelki äußerte sich hocherfreu­t: „Der Papst spricht mir aus dem Herzen.“

Unabhängig­e Beobachter äußerten sich differenzi­ert. Der Kirchenken­ner Andreas Püttmann („Wie katholisch ist Deutschlan­d“) bezeichnet­e das Schreiben als kluge theologisc­he Stellungna­hme. Franziskus wende sich dagegen, die Reformdeba­tte auf den Dreiklang „Frauenweih­e, Zölibat, Sexualmora­l“zu reduzieren. Er warne vor einer oberflächl­ichen Attitüde des „Wir machen jetzt endlich mal richtig Kirche“. Ähnlich sieht es der Münsterane­r Kirchenrec­htler Thomas Schüller. Der Papst bringe einerseits Sorge zum Ausdruck, der Reformproz­ess könne „inhaltlich aus dem Ruder laufen“. Anderersei­ts verbiete Franziskus nicht die Diskussion über Reformthem­en.

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Dann klappt's auch mit Trump

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