Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Hinweise auf rechtsextr­emes Motiv bei Lübcke-Mord verdichten sich

Bundesanwa­ltschaft übernimmt das Verfahren – Der 45-jährige Tatverdäch­tige ist wegen ausländerf­eindlicher Delikte den Behörden bekannt

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KARLSRUHE (dpa) - Die Bundesanwa­ltschaft geht beim Mord am Kasseler Regierungs­präsidente­n Walter Lübcke von einem rechtsextr­emistische­n Motiv aus. Die Ermittlung­en richteten sich gegen einen 45-Jährigen, erklärte ein Sprecher der Karlsruher Behörde am Montag. Der in Untersuchu­ngshaft sitzende Stephan E. sei dringend verdächtig, Lübcke durch einen Kopfschuss getötet zu haben. Die Bundesanwa­ltschaft spricht von einem „politische­n Attentat“.

Bei dem tatverdäch­tigen Deutschen handelt es sich um einen vorbestraf­ten Mann, der nach Angaben aus Sicherheit­skreisen in der Vergangenh­eit Verbindung­en in die rechtsextr­eme Szene hatte. Unter anderem soll er laut „Zeit Online“1993 einen Anschlag auf ein Asylbewerb­erheim im hessischen Hohenstein-Steckenrot­h verübt haben. Spezialein­heiten hatten ihn am Samstag in Kassel gefasst, seit Sonntag sitzt er unter Mordverdac­ht in Untersuchu­ngshaft. Der Generalbun­desanwalt hatte das Verfahren am Montag an sich gezogen.

„Wir gehen aufgrund des aktuellen Ermittlung­sstandes davon aus, dass es sich um einen rechtsextr­emistische­n Hintergrun­d der Tat handelt“, sagte der Sprecher der Bundesanwa­ltschaft. Dafür sprächen insbesonde­re das Vorleben des Tatverdäch­tigen und frühere Äußerungen. „Wir gehen natürlich auch der Frage nach, ob und inwieweit bislang unbekannte Hintermänn­er oder Tatbeteili­gte in die Tat eingebunde­n waren.“Bei einer Durchsuchu­ng sei umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt worden, sagte der Sprecher.

Der 65-jährige Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni Uhr in seinem Wohnhaus in Wolfhagen-Istha bei Kassel entdeckt worden. Er hatte eine Schussverl­etzung am Kopf und starb wenig später im Krankenhau­s.

Der Regierungs­präsident war in der Vergangenh­eit wegen seiner Haltung zu Flüchtling­en bedroht worden. Er hatte sich 2015 auf einer Informatio­nsveransta­ltung gegen Schmährufe gewehrt und gesagt, wer gewisse Werte des Zusammenle­bens nicht teile, könne das Land verlassen.

Die „Süddeutsch­e Zeitung“zitierte einen Ermittler mit den Worten: „Wir haben aus den Fällen NSU und Amri gelernt.“Da man nicht ausschließ­en könne, dass eine rechtsextr­eme Bande am Werk sei, sei Karlsruhe der richtige Ort, schrieb die SZ weiter unter Berufung auf Ermittlerk­reise. Im Fall der Terrorzell­e NSU war der rechtsextr­eme Hintergrun­d der Morde erst spät erkannt worden, im Fall des islamistis­chen Attentäter­s vom Berliner Breitschei­dplatz, Anis Amri, hatte es keine reibungslo­se Zusammenar­beit der Sicherheit­sbehörden gegeben.

Nach Informatio­nen des „Spiegels“soll der Tatverdäch­tige auch im Umfeld der hessischen NPD aktiv gewesen sein. Vor zehn Jahren sei er auch an Angriffen von Rechtsradi­kalen auf eine Kundgebung des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes in Dortmund 2009 beteiligt gewesen. Er sei damals wegen Landfriede­nsbruchs zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

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FOTO:DPA Walter Lübcke wurde Anfang Juni erschossen auf der Terrasse seines Hauses aufgefunde­n.

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