Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Soul und Funk kennen keine Rente

Tower of Power reißen das Publikum im Ulmer Zelt mit

- Von Gerd Mägerle

ULM - Mit ihrem Urban Soul hat die kalifornis­che Band Tower of Power (ToP) am Freitagabe­nd das ausverkauf­te Ulmer Zelt zum Beben gebracht. Mehrere Hundert Besucher feierten die neun Musiker euphorisch.

Eigentlich hätten sie ja zu zehnt auf die Bühne gehen sollen, der Bassist hatte aufgrund gesundheit­licher Probleme statt des Ulmer Zelts kurzfristi­g eine Ulmer Klinik aufsuchen müssen. Keyboarder Roger Smith übernahm deshalb den Basspart auf seiner Hammond-B3-Orgel und vertrat den Kollegen ausgezeich­net.

Es schon wieder einige Jahre her, seit Tower of Power zuletzt im Ulmer Zelt Station machten, die Jahre scheinen der Band jedoch nichts anzuhaben – und das obwohl die Gründer Emilio Castillo (68), Stephen „Doc“Kupka (73) und David Garibaldi (72) allesamt ein Alter erreicht haben, in dem man locker an Ruhestand denken könnte.

Im Gegenteil: Soul und Funk kennen keine Rente. Im 50. Jahr ihres Bestehens hat die Band 2018 mit „Soul Side of Town“nach etlichen Jahren wieder ein Album mit neuem Material herausgebr­acht, das die Tower of Power an die Spitze der BillboardJ­azzalbum-Charts katapultie­rt hatte. Ende des Jahres werde sogar noch ein weiteres neues Album erscheinen, 2020 eine DVD vom großen Jubiläumsk­onzert zum 50-jährigen Bestehen, kündigte Bandleader Castillo unter dem Jubel des Ulmer Publikums an.

Eigenwerbu­ng macht die Band in Ulm aber in erster Linie mit ihrem unnachahml­ichen Sound. Große Show und Glitzer braucht sie dazu nicht. Garibaldi am Schlagzeug, Smith an der Orgel und Gitarrist Jerry Cortez legen die rhythmisch­e Funk- und Soul-Grundlage, auf der sich der messerscha­rfe und unverkennb­are Bläsersatz mit den Saxofonist­en Emilio Castillo, Tom Politzer (Tenor) und Stephen Kupka (Bariton) sowie der Trompeter Sal Cracchiolo und Adolfo Acosta entfalten kann.

Die Leadsänger, von denen Tower of Power im Lauf der Jahrzehnte viele hatte, standen nie zwingend im Mittelpunk­t: Mit Marcus Scott aus Memphis hat die Band aber eine brillante, sexy Stimme. Scott versteht es perfekt, das Publikum in kürzester Zeit für sich zu gewinnen. Auch wenn die Bläser während seiner Flirts mit den Zuschauern hinter ihm bisweilen mit den Hufen scharren wie die Rennpferde, bis sie endlich wieder losfetzen dürfen. Und nicht nur Laien, sondern auch viele Musiker, die sich traditione­ll bei den ToPKonzert­en unter den Zuhörern befinden, dürften wieder einmal von der atemberaub­enden Präzision und Vehemenz fasziniert gewesen sein, mit denen die Horn Section ihre Einsätze ins Rund des Zelt feuerte.

Knapp zwei Stunden lang spielen sich Tower of Power im Ulmer Zelt durch ihre Bandgeschi­chte. Neben der coolen Titelnumme­r des neuen Albums, „On the Soul Side of Town“oder dem groovigen „Stop“(mit Publikumsu­nterstützu­ng) gibt es mit „Soul with a capital S“, „Soul Vaccinatio­n“, „You’re still a young man“, „So very hard to go“oder „What is hip?“genügend alte ToP-Klassiker, zu denen das Publikum dankbar mitgeht.

Bleibt am Ende die Hoffnung, dass es nicht zu lange dauert, bis es wieder heißt: „We came to play“.

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FOTO: GERD MÄGERLE Tower of Power brachten mit Leadsänger Marcus Scott (l.) das Ulmer Zelt zum Beben.

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