Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Geordnete Verhältnisse
Im komplizierten Zusammenleben von Menschen ist nichts so wichtig wie das Herstellen geordneter Verhältnisse – am besten unterstützt durch Regeln, Ampeln und Hinweisschilder. Denn wenn er nicht auf Schritt und Tritt angeleitet wird, wie soll er denn auch wissen, wie er sich zu verhalten hat, der Mensch? Aus diesem Grund sind zum Beispiel in Theatern die Sitze mit Nummern versehen. Das Muster, mit dessen Hilfe der kulturbeflissene Zuschauer zu seinem Platz findet, ist in etwa so aufgebaut: Parkett rechts, Reihe 4, Platz 161.
Wie allabendlich in Opernhäusern und Konzertsälen zu besichtigen ist, haben Menschen damit dennoch ihre Mühe: Zuschauer verwechseln Parkett mit Loge, links mit rechts, Reihe 4 mit 14 und oft genug das Datum der Aufführung. Und dann stellen sie bei Öffnung des Vorhangs mit Verwunderung fest, dass nicht Hamlet, sondern Rotkäppchen erscheint, und fragen sich den ganzen Abend, warum der Prinz von Dänemark als Wolf dargestellt wird und Ophelia als bettlägerige Greisin.
Um solchen Irrungen und Wirrungen vorzubeugen, wäre es am einfachsten, den Leuten die entsprechenden Tickets erst dann auszustellen, nachdem sie sich auf einem beliebigen Platz niedergelassen haben. Das würde den irrlichternden Suchverkehr schlagartig stoppen. Bis es aber zu dieser Reform kommt, kann sich der Kulturfreund an ein bereits existierendes Hilfsmittel halten: das Abonnement. Denn da bleibt der Sitzplatz die ganze Saison über gleich. Eine Verwirrung aber bleibt: Jedes Mal wird ein anderes Stück gespielt. (nyf)