Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Landeskirche ringt weiter um Segnung Homosexueller
Evangelisches Kirchenparlament Württemberg könnte kommende Woche neue Regeln beschließen
STUTTGART - Wird es in der Evangelischen Landeskirche Württemberg bald Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren geben? Die Entscheidung könnte am Freitag kommender Woche fallen. Dann trifft sich die Synode, das Kirchenparlament, in Stuttgart. Ob das Thema auf die Tagesordnung kommt, wollen Landesbischof Frank Otfried July und die Synodalpräsidentin Inge Schneider am Mittwoch beschließen. Es gibt Zuspruch – und Gegenwehr.
Seit Jahren streitet die Landeskirche darüber, ob Pfarrer Homosexuelle in einem Gottesdienst segnen dürfen. In den anderen 19 Evangelischen Landeskirchen gibt es entsprechende Regelungen. Die größte Gruppe in der Synode ist die pietistisch geprägte „Lebendige Gemeinde“. Sie sieht die Segnungen äußerst kritisch. Im Herbst 2017 scheiterte ein Kompromiss zwischen Pietisten und progressiveren Gläubigen an zwei Stimmen.
Zur Herbstsynode 2018 hat der Oberkirchenrat, also die Kirchenverwaltung selbst, einen neuen Vorschlag eingebracht. Gottesdienste, in denen die Verbindung zweier Männer oder Frauen gefeiert wird, soll es maximal in einem Viertel aller Gemeinden geben. Das soll möglich sein, wenn Pfarramt sowie drei Viertel des Kirchengemeinderats e zustimmen. Außerdem soll sich das Paar zuvor bürgerlich verpartnert oder geheiratet haben.
Die zuständigen Ausschüsse haben sich mit dem Vorschlag befasst. „Wir empfehlen, den Gesetzentwurf einzubringen“, sagt Christian Heckel, Vorsitzender des Rechtsausschusses. „Wir haben ihn an einigen Stellen verändert – einzelne Paragrafen –, aber nicht die Grundstruktur.“Der Grundkonflikt lasse sich nicht auflösen. „Für mich ist der Hauptpunkt der, dass wir ein unterschiedliches Schrift- und Bekenntnisverständnis haben. Wenn man ein solches hat, ist das eigentlich der Grund für eine Kirchenspaltung. Das wollen wir aber nicht. Wir sollten ein Verfahren finden, um die unterschiedlichen Auslegungen auszuhalten“, so der Präsident des Verwaltungsgerichts Sigmaringen. „Das kann nur so gehen, dass man versucht, das begrenzt zu öffnen.“
Warnung vor Wildwuchs
Heckel weiß, dass es Pfarrer gibt, die gleichgeschlechtliche Paare auch ohne Regelung segnen. Er mahnt er: „Es wäre wichtig, das jetzt zu regeln, damit es keinen Wildwuchs gibt, der auch schwer zu ahnden wäre.“
Ähnlich sieht das der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl. „Es ist ein kluger Vorschlag. Als Kirche halten wir einen Gottesdienst anlässlich der Heirat von gleichgeschlechtlichen Paaren für möglich.“Das mag nicht jedem passen, sagt er – aber Gemeinden, die sich einer solchen Segnung nicht öffnen wollen, müssen das nicht. „Ich würde das jetzt zum Abstimmen bringen, egal wie es ausfällt. So ist Demokratie.“Gohl appelliert zugleich an alle, denen der Kompromiss nicht weit genug geht. „Wenn wir es jetzt nicht hinkriegen in dieser Synode, dann wird es in den nächsten drei Jahren keinen öffentlichen Gottesdienst geben.“Ende des Jahres wird die Synode nämlich neu gewählt. Bis diese arbeitsfähig sei, dauere es.
Heidi Fritz vom Bündnis Kirche und Homosexualität lehnt den Vorschlag ab. Sie spricht sie von einem „Parcours der Hindernisse“. „Dies ist für die gleichgeschlechtlichen Paare, (...) nicht nur schmerzlich, sondern diskriminierend und damit entwürdigend.“Das Bündnis fordert eine generelle Öffnung für die Segnung Homosexueller. Gemeinden, die das ablehnten, müssten sich nicht beteiligen.