Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Schützenfest-Darsteller verhelfen zum Sieg
Der Warthauser Johnny Krüger erhält Auszeichnung als bester Kunstfotograf Europas
WARTHAUSEN - Der Warthauser Johnny Krüger wurde mit dem höchsten Titel der internationalen Kunstfotografie ausgezeichnet. Den Preis hat sich der 56-Jährige mit einer Reise ins düstere Mittelalter erarbeitet. Begonnen hat aber alles bei einer Schlossbesichtigung und Begegnungen auf dem Biberacher Schützenfest.
Manche Gesichter fielen Krüger sofort ins Auge. Beim Tanz der Jahrhunderte scannte er die Darsteller ab. „Sie sehen doch aus wie Casanova“, sagte er zu einem Mann. Die Augen, Nase, Gesichtsausdruck – Krüger hatte das fertige Foto schon im Kopf und erzählte dem Mann von seiner Idee. Die war freilich schon vorher geboren. Nach zahlreichen Auszeichnungen von der Laupheimer Vereinsmeisterschaft bis zu Preisen bei überregionalen Wettbewerben wollte Krüger sich die Krone der internationalen Kunstfotografie ergattern: den „Meister der Fotografie“der Fédération Internationale de l’Art Photographie (Fiap). „Ich war auf der Suche nach einem Thema“, erzählt Krüger. Von Casanova bis Dschingis Khan.
Von Casanova bis Dschingis Khan
Bei einer Führung durch das Warthauser Schloss kam ihm dann die Idee: Die Vorfahren der Schlossherrn starrten von den Wandgemälden herab, Krüger war beeindruckt: „Ich bewunderte diese Kunst.“Die Ehrwürdigkeit und ein starker Ausdruck standen den Menschen noch immer ins Gesicht geschrieben. Der Trick dafür war die Lichtstimmung: Bereits der bekannte Barockmaler Rembrandt von Rijn hatte Menschen in einem besonderen Licht porträtiert. Der Hintergrund in düsteren Farben, eine Gesichtshälfte hell ausgeleuchtet, die andere in schwachem Licht, so dass zwischen Nasenschatten und Wangenknochen ein kleines Lichtdreieck entsteht – was Künstler zu Barockzeiten mit dem Farbpinsel bewerkstelligten, bedeutet für Fotografen heute technische Millimeterarbeit, bis
Leuchten und Scheinwerfer richtig gesetzt sind. Doch die Feinarbeit war für Krüger der Schlüssel zum Erfolg: „Ich wollte zeigen, dass die Männer durch die Jahrhunderte in der Mimik und Gestik ähnlich geblieben sind“, erzählt er, „stolz, erhaben, mächtig, bis hin zu bedrohlich“. „Zeitreise der Männlichkeit“hat er seine Serie getauft.
Mehr als 20 Personen hat Krüger schließlich für seine Fotoserie gefunden, die alle ihre eigenen Kostüme mitgebracht haben. „Meine Models sind Laiendarsteller, die viel Wert auf die Authentizität ihrer Gewandung legen“, sagt Krüger. Die meisten von ihnen stammen aus der Region Biberach und wurden auf dem Schützenfest gecastet, manche kamen aber auch aus Tirol oder aus Frankreich nach Warthausen. Krüger wälzte Geschichtsbücher und suchte nach passenden Charakteren zu den Personen. „Das sind alles Typen, die es tatsächlich gegeben hat“, betont er, von einem Kelten, einem Kreuzritter bis zu Dschingis Khan und einem preußischen Offizier. „In der Schule war ich eine Niete in Geschichte, aber jetzt hab ich wirklich viel gelernt.“
Bis zu drei Stunden benötigte Krüger, bis ein Bild im Kasten war. Die Figuren fotografierte er in einem kleinen Studio unter dem Dach seiner Wohnung, die Hintergründe zum Teil im Warthauser Schloss, zum Teil auf seinen zahlreichen Fotostreifzügen. Diese fügte er später am Computer hinzu. „Nur mit einem Foto alleine gewinnt man heute keinen Blumentopf“, sagt er, vor allem nicht in der Kunstfotografie. An seiner Serie arbeitete er insgesamt drei Jahre. „Natürlich war ich anfangs nervös, weil ich weiß, dass viele abgelehnt wurden.“Seit 1982 haben gerade einmal 15 Fotografen in Deutschland den Titel der Fiap erhalten. Krüger wird seine Urkunde offiziell auf der Deutschen Meisterschaft in Essen überreicht bekommen. Preisgeld erhält er jedoch nicht, „aber der Preis öffnet Türen“, sagt er und fügt hinzu: „Das ist für mich die größte Würdigung.“Und auch ein kleines Lebensziel.
Aufgewachsen in Südafrika
Zur Fotografie ist Krüger vor 35 Jahren gekommen. Als Kind wuchs er in Südafrika auf, damals lief er bereits täglich an einem kleinen Fotoladen vorbei und träumte von seiner ersten Kamera. „Spinnst ja, lern’ was Vernünftiges!“, sagte sein Vater. Später fotografierte er in den Nationalparks, vor allem große Katzen. Doch erst über die Laupheimer Fotofreunde fand Krüger zur Wettbewerbsfotografie. Die Freude an den Tierfotos ist geblieben. Doch auch die Kunstfotografie begeistert ihn seit Jahren. Den Preis will Krüger nun auch als Sprungbrett in die Freiberuflichkeit nutzen, und seine eigene Firma für Fotografie, Web und Grafikdesign aufbauen.
Früher im Job habe er oft „nicht die Erfüllung gefunden“. Manchmal sei er bereits „mit Argwohn“zur Arbeit gefahren, erzählt er. Heute wohnt er mit seiner Frau, die er im Fotoclub kennengelernt hat, und seiner Tochter in Warthausen. „Bei uns dreht sich alles um die Fotografie.“Und wenn sein verstorbener Vater noch lebte, glaubt Krüger, „dann wäre er sicher stolz auf mich“.
„Als Schüler war ich eine Niete in Geschichte, aber jetzt hab’ ich wirklich viel gelernt.“Johnny Krüger, Fotograf aus Warthausen