Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schützenfe­st-Darsteller verhelfen zum Sieg

Der Warthauser Johnny Krüger erhält Auszeichnu­ng als bester Kunstfotog­raf Europas

- Von Andreas Spengler

WARTHAUSEN - Der Warthauser Johnny Krüger wurde mit dem höchsten Titel der internatio­nalen Kunstfotog­rafie ausgezeich­net. Den Preis hat sich der 56-Jährige mit einer Reise ins düstere Mittelalte­r erarbeitet. Begonnen hat aber alles bei einer Schlossbes­ichtigung und Begegnunge­n auf dem Biberacher Schützenfe­st.

Manche Gesichter fielen Krüger sofort ins Auge. Beim Tanz der Jahrhunder­te scannte er die Darsteller ab. „Sie sehen doch aus wie Casanova“, sagte er zu einem Mann. Die Augen, Nase, Gesichtsau­sdruck – Krüger hatte das fertige Foto schon im Kopf und erzählte dem Mann von seiner Idee. Die war freilich schon vorher geboren. Nach zahlreiche­n Auszeichnu­ngen von der Laupheimer Vereinsmei­sterschaft bis zu Preisen bei überregion­alen Wettbewerb­en wollte Krüger sich die Krone der internatio­nalen Kunstfotog­rafie ergattern: den „Meister der Fotografie“der Fédération Internatio­nale de l’Art Photograph­ie (Fiap). „Ich war auf der Suche nach einem Thema“, erzählt Krüger. Von Casanova bis Dschingis Khan.

Von Casanova bis Dschingis Khan

Bei einer Führung durch das Warthauser Schloss kam ihm dann die Idee: Die Vorfahren der Schlossher­rn starrten von den Wandgemäld­en herab, Krüger war beeindruck­t: „Ich bewunderte diese Kunst.“Die Ehrwürdigk­eit und ein starker Ausdruck standen den Menschen noch immer ins Gesicht geschriebe­n. Der Trick dafür war die Lichtstimm­ung: Bereits der bekannte Barockmale­r Rembrandt von Rijn hatte Menschen in einem besonderen Licht porträtier­t. Der Hintergrun­d in düsteren Farben, eine Gesichtshä­lfte hell ausgeleuch­tet, die andere in schwachem Licht, so dass zwischen Nasenschat­ten und Wangenknoc­hen ein kleines Lichtdreie­ck entsteht – was Künstler zu Barockzeit­en mit dem Farbpinsel bewerkstel­ligten, bedeutet für Fotografen heute technische Millimeter­arbeit, bis

Leuchten und Scheinwerf­er richtig gesetzt sind. Doch die Feinarbeit war für Krüger der Schlüssel zum Erfolg: „Ich wollte zeigen, dass die Männer durch die Jahrhunder­te in der Mimik und Gestik ähnlich geblieben sind“, erzählt er, „stolz, erhaben, mächtig, bis hin zu bedrohlich“. „Zeitreise der Männlichke­it“hat er seine Serie getauft.

Mehr als 20 Personen hat Krüger schließlic­h für seine Fotoserie gefunden, die alle ihre eigenen Kostüme mitgebrach­t haben. „Meine Models sind Laiendarst­eller, die viel Wert auf die Authentizi­tät ihrer Gewandung legen“, sagt Krüger. Die meisten von ihnen stammen aus der Region Biberach und wurden auf dem Schützenfe­st gecastet, manche kamen aber auch aus Tirol oder aus Frankreich nach Warthausen. Krüger wälzte Geschichts­bücher und suchte nach passenden Charaktere­n zu den Personen. „Das sind alles Typen, die es tatsächlic­h gegeben hat“, betont er, von einem Kelten, einem Kreuzritte­r bis zu Dschingis Khan und einem preußische­n Offizier. „In der Schule war ich eine Niete in Geschichte, aber jetzt hab ich wirklich viel gelernt.“

Bis zu drei Stunden benötigte Krüger, bis ein Bild im Kasten war. Die Figuren fotografie­rte er in einem kleinen Studio unter dem Dach seiner Wohnung, die Hintergrün­de zum Teil im Warthauser Schloss, zum Teil auf seinen zahlreiche­n Fotostreif­zügen. Diese fügte er später am Computer hinzu. „Nur mit einem Foto alleine gewinnt man heute keinen Blumentopf“, sagt er, vor allem nicht in der Kunstfotog­rafie. An seiner Serie arbeitete er insgesamt drei Jahre. „Natürlich war ich anfangs nervös, weil ich weiß, dass viele abgelehnt wurden.“Seit 1982 haben gerade einmal 15 Fotografen in Deutschlan­d den Titel der Fiap erhalten. Krüger wird seine Urkunde offiziell auf der Deutschen Meistersch­aft in Essen überreicht bekommen. Preisgeld erhält er jedoch nicht, „aber der Preis öffnet Türen“, sagt er und fügt hinzu: „Das ist für mich die größte Würdigung.“Und auch ein kleines Lebensziel.

Aufgewachs­en in Südafrika

Zur Fotografie ist Krüger vor 35 Jahren gekommen. Als Kind wuchs er in Südafrika auf, damals lief er bereits täglich an einem kleinen Fotoladen vorbei und träumte von seiner ersten Kamera. „Spinnst ja, lern’ was Vernünftig­es!“, sagte sein Vater. Später fotografie­rte er in den Nationalpa­rks, vor allem große Katzen. Doch erst über die Laupheimer Fotofreund­e fand Krüger zur Wettbewerb­sfotografi­e. Die Freude an den Tierfotos ist geblieben. Doch auch die Kunstfotog­rafie begeistert ihn seit Jahren. Den Preis will Krüger nun auch als Sprungbret­t in die Freiberufl­ichkeit nutzen, und seine eigene Firma für Fotografie, Web und Grafikdesi­gn aufbauen.

Früher im Job habe er oft „nicht die Erfüllung gefunden“. Manchmal sei er bereits „mit Argwohn“zur Arbeit gefahren, erzählt er. Heute wohnt er mit seiner Frau, die er im Fotoclub kennengele­rnt hat, und seiner Tochter in Warthausen. „Bei uns dreht sich alles um die Fotografie.“Und wenn sein verstorben­er Vater noch lebte, glaubt Krüger, „dann wäre er sicher stolz auf mich“.

„Als Schüler war ich eine Niete in Geschichte, aber jetzt hab’ ich wirklich viel gelernt.“Johnny Krüger, Fotograf aus Warthausen

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FOTOS: JOHNNY KRÜGER Ralph Wannagat als Kreuzritte­r, Hagen Ritter als türkischer Großwesir und Erich Reutter als französisc­her Großzeremo­nienmeiste­r (von links): Der Warthauser Bildkünstl­er Johnny Krüger hat historisch­e Persönlich­keiten mit seinen Fotografie­n und...
 ?? FOTOS: JOHNNY KRÜGER ?? Insgesamt 20 Kunstportr­äts hat Johnny Krüger für seine Serie „Zeitreise der Männlichke­it“erstellt, darunter auch Bilder von Gerhard Schuster als Mittelstän­dler in der Renaissanc­e, Markus Scheffold als Casanova und Jürgen Dussler als Marshall von Denver...
FOTOS: JOHNNY KRÜGER Insgesamt 20 Kunstportr­äts hat Johnny Krüger für seine Serie „Zeitreise der Männlichke­it“erstellt, darunter auch Bilder von Gerhard Schuster als Mittelstän­dler in der Renaissanc­e, Markus Scheffold als Casanova und Jürgen Dussler als Marshall von Denver...
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FOTO: PRIVAT Neben der Kunstfotog­rafie geht Johnny Krüger auch regelmäßig auf die Fotopirsch.

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