Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Trump denkt nicht geopolitisch“
Biograf David Johnston über das Politikverständnis des US-Präsidenten und Merkels Besuch
BERLIN - Das Verhältnis zu Deutschland ist US-Präsident Donald Trump egal – dennoch würde er sich ärgern, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) politisch mit ihm auf eine Stufe gestellt werden würde. Das sagt der amerikanische Trump-Biograf und PulitzerPreisträger David C. Johnston im Gespräch mit Tobias Schmidt.
Herr Johnston, Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zum Blitzbesuch bei US-Präsident Donald Trump zu Gast. Ist Deutschland für die US-Regierung nicht mehr wichtig – oder ist es gar vom Partner zum Rivalen geworden?
Trump handelt immer nur spontan, er betreibt keine echte Politik und denkt auch nicht in geopolitischen Dimensionen. Das deutschamerikanische und das transatlantische Verhältnis sind ihm herzlich egal. Allerdings würde er sich riesig ärgern, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Medien wie Fox News oder der „New York Times“, die ihm wichtig sind, als ihm ebenbürtig dargestellt werden würde. Würden diese Medien die Kanzlerin gar als wichtiger und einflussreicher ansehen als den Präsidenten der Vereinigten Staaten, wäre Trump zornig. Deshalb hat er versucht, Merkel möglichst wenig Raum und Auftrittsmöglichkeiten zu geben.
Wie ist es aus Ihrer Sicht um die Beziehung zwischen den beiden Politikern bestellt?
Donald Trump interessiert sich nicht für andere Politiker und deren Probleme. Er benutzt sie für seine eigenen Zwecke. Das gilt für Angela Merkel ebenso wie für Emmanuel Macron.
Im Handelsstreit lässt Trump kein Einlenken erkennen. Warum zieht er sein protektionistisches Programm durch?
Gute Frage. Einige betroffene Arbeiter – vor allem in der Stahl- und Aluminiumbranche – stehen voll hinter den Zöllen, weil sie sich so Jobsicherheit versprechen. Die meisten Amerikaner, die sich für Politik interessieren, lehnen die Zölle allerdings strikt ab. Dennoch gilt: Die Mehrheit ist keinesfalls zufrieden mit den Handelsregeln, die zwischen den USA und der EU herrschen, und glaubt, dass hier nicht alles fair läuft. Ob Trump aber an einem neuen und umfassenden Deal interessiert ist wie die Deutschen, ist schwer abzuschätzen. Er wusste noch nicht einmal, dass Stahl, der in Kanada und im Vereinigten Königreich hergestellt wird, aus Sicherheitsgründen als Stahl „Made in USA“gilt. Er ist einfach schlecht informiert …
Drei Tage lang großer Pomp für Frankreichs Präsidenten, nur zweieinhalb Stunden für Angela Merkel: Hat Emmanuel Macron der Kanzlerin den Rang abgelaufen?
Macron gilt in den USA inzwischen als „Trump-Flüsterer“und genießt höchsten Respekt. Er gilt als jemand, der Trump geduldig umschmeichelt, um ihn dorthin zu bekommen, wo er ihn haben will. Frankreichs Präsident geht äußerst geschickt mit Trump um. Der ist schließlich ein lebenslanger Trickbetrüger, der dir erzählt, was du hören willst und mit einer Leichtigkeit lügt, mit der andere atmen. Trump hat tatsächlich selbst einmal gesagt, seine politische Philosophie lasse sich auf ein Wort reduzieren: Rache.
Würde er so weit gehen, das historische Iran-Abkommen aufzukündigen?
Trump wird weiter auf den Iran-Deal eindreschen und ihn kritisieren. Aber letztlich wird er ihn nicht platzen lassen, sondern ist an der Fortsetzung interessiert. Die US-Generäle warnen eindringlich davor, das Abkommen aufzukündigen, Trump würde also gegen das Militär handeln, wovor er zurückschreckt. Doch sollten sich alle klar sein: Im Wahlkampf hat er den Einsatz von Atomwaffen angekündigt. Und seine Presseleute beharren darauf, dass er jedes seiner Versprechen auch umsetzen werde. Er wird also einen Vorwand suchen, um zumindest eine taktische, kleine Atomwaffe abzufeuern. Wir sollten uns große Sorgen machen.