Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Frieden in Korea rückt näher
Kim verspricht bei historischem Gipfel Abschaffung von Atomwaffen – Vertrag in Sicht
PANMUNJOM (dpa) - Historische Friedenschance auf der koreanischen Halbinsel: Kim Jong-un, der Machthaber des Nordens, hat beim Gipfel im Grenzort Panmunjom einen vollständigen Abbau seines Atomwaffenprogramms und ein Ende der Feindseligkeiten gegenüber Südkorea versprochen. Außerdem soll das seit Ende des Koreakrieges vor 65 Jahren gültige Waffenstillstandsabkommen noch dieses Jahr durch einen Friedensvertrag ersetzt werden. Nach Jahrzehnten der Spannungen vereinbarten Südkoreas Präsident Moon Jae-in und Kim am Freitag eine Aussöhnung zwischen den Koreas. Sie unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung, die eine „neue Ära des Friedens“einläuten soll.
Obwohl Kim keine konkreten Zusagen für die Beseitigung seines Atomwaffenarsenals machte, ebnet das Treffen den Weg für seinen geplanten Gipfel mit US-Präsident Donald Trump Ende Mai oder Anfang Juni. In einer ersten Reaktion zeigte sich Trump optimistisch, dass es zwischen den Ländern Frieden geben könnte: „Der Koreakrieg ist dabei, zu Ende zu gehen!“Die Zeit müsse zeigen, ob es langfristig auch Fortschritte im Atomkonflikt gebe. Bereits früher seien Zusagen des Nordens im Sand verlaufen. Auch Japans Ministerpräsident Shinzo Abe zeigte sich skeptisch. Er hoffe sehr, dass Nordkorea konkrete Maßnahmen ergreifen werde, um den Konflikt um sein Atomprogramm zu lösen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte die Ergebnisse als „ersten, wichtigen Schritt“, sprach sich aber für eine Fortsetzung der Sanktionen gegen Nordkorea aus.
Für den Gipfel hatte Kim als erster nordkoreanischer Führer seit Ende des Koreakrieges 1953 die schwer bewachte Grenze überquert. Nach zwei Verhandlungsrunden einigte er sich mit Moon auf die „Panmunjom-Erklärung“. Ihr Ziel sei die Schaffung einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel durch „die vollständige Denuklearisierung“. Für einen Friedensvertrag zum formellen Ende des Koreakrieges sollen Gespräche zu dritt mit den USA oder zu viert mit China aufgenommen werden.
SEOUL – Eine Minute vor 18 Uhr (Ortszeit) war es soweit. Südkoreas Staatschef Moon Jae-In und Nordkoreas Führer Kim Jong-Un setzten ihre Unterschrift unter eine gemeinsame Erklärung von Panmunjom. Die Deklaration soll 65 Jahre nach dem Waffenstillstand im Bruderkrieg endlich den Frieden besiegeln. Mehr noch: der Diktator aus Pjöngjang versicherte schriftlich seinen Willen zur „vollständigen atomaren Abrüstung“. Bisher ist das nicht viel mehr als eine Absichtserklärung. Aber beide Führer definieren immerhin als gemeinsames Ziel die „komplette Denuklearisierung“der koreanischen Halbinsel zu erreichen.
Konkrete Schritte zum Ablauf des Abrüstungsprozesses enthält die Erklärung nicht. Auch gibt es bisher keine Angaben dazu, wie diese Willenserklärung überprüft werden könnte. Nach der herzlichen Umarmung beider Staatslenker versicherte Gastgeber Moon dennoch: „Es gibt kein Zurück mehr“und es beginnt eine „neue Ära des Friedens“.
Grenz-Propaganda verstummt
Kim Jong-Un erklärte, Nordkorea wolle ein „neues Kapitel“in den Beziehungen aufschlagen und in „freimütiger Diskussion“eine „bedeutende Vereinbarung“erreichen. Kim fügte an: „Aber wichtig ist, dass diese dann auch umgesetzt werden. Sonst werden wir unser Volk enttäuschen.“
Ab 1. Mai sollen alle feindseligen Handlungen entlang der Demilitarisierten Zone (DMZ) eingestellt werden. Als erstes wird wohl die gegenseitige Beschallung der Grenze durch Propagandalautsprecher abgeschafft, was Südkorea vor dem Gipfel bereits realisiert hatte. „Die DMZ wird in Zukunft praktisch zu einer Friedenszone“, verspricht die gemeinsame Deklaration. „Wir erklären, dass auf der koreanischen Halbinsel kein Krieg mehr ausbrechen wird.“ Beide Staaten wollen auf der Ebene der Verteidigungsminister und Generäle regelmäßige Gespräche über die militärische Entspannung an dieser Grenze führen. Gleichzeitig sollen humanitäre Projekte wie regelmäßige Treffen von im Krieg getrennten Familien wiederbelebt werden. Als erster Termin dafür wurde der 15. August genannt. Emotional, aber bisher unverbindlich indirekt, sprechen beide Staatenlenker das heikle Thema Wiedervereinigung an. „Nord- und Südkorea sind Brüder, die nicht getrennt voneinander leben sollten“, heißt es darin. Am Ende sollte man den dritten interkoreanischen Gipfel wohl als historischen Durchbruch verstehen. Dabei sah es lange nur nach TV-wirksamer Symbolik aus. Das begann mit der Wahl des Kontrollpunktes Panmunjom als Tagungsort. Kim Jong-Un überschritt als erster nordkoreanischer Führer die Demarkationslinie, zog dann seinen Konterpart Moon Jae-In ebenfalls auf die andere Grenzseite. Der Handschlag fiel so herzlich aus, dass er im nordkoreanischen Fernsehen zunächst gar nicht gezeigt wurde. Pjöngjang strahlte stattdessen ein Testbild aus.
Symbolträchtige Baumpflanzung
Das hat der Symbolik nicht geschadet. Am Konferenztisch im Friedenspalast auf der Südseite der Grenze saßen beide Chefs exakt 2018 Zentimeter von einander entfernt, was die Bedeutung dieses Jahres für den Entspannungsprozess versinnbildlichen sollte. Nach getrennten Mittagessen pflanzten beide Staatsführer gemeinsam in der DMZ einen Kiefernbaum in die Erde, die je zur Hälfte aus den als heilig geltenden Bergen Nordund Südkoreas herbeigeschafft worden war. Dann gossen Kim und Moon den „Friedensbaum“parallel mit Wasser aus ihren jeweils wichtigsten Flüssen. Anschließend spazierten Gast und Gastgeber scherzend – ohne Leibwächter oder Protokollanten – zu einer blauen Holzbrücke und ließen sich dort zu einem intensiven Gespräch unter vier Augen nieder.
Offenbar sind spätestens bei diesem Austausch Nägel mit Köpfen gemacht worden. Südkoreanische Quellen berichten, Moon habe Kim ins Gewissen geredet, auf die USA bei einem möglichen Gipfel mit Präsident Donald Trump Ende Mai oder Anfang Juni zuzugehen und über die Aufgabe des nordkoreanischen Atomprogrammes zu verhandeln.
Für Südkorea hat vor allem ein Friedensvertrag Priorität, der den bisher gültigen Waffenstillstand von 1953 auf eine verbindliche Stufe anheben soll. Weiteren bilateralen Gesprächen sollen Verhandlungen mit der damaligen Unterzeichnermacht USA – wenn gewünscht auch unter Einschluss von China – folgen.
Schon 2000 und 2007 hatte es interkoreanische Gipfel in Pjöngjang gegeben, die allerdings ohne nachhaltige Wirkung geblieben waren. Der Panmunjom-Gipfel wurde am Abend mit einem festlichen koreanischen Dinner beendet.