Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Besserer Hochwasserschutz am Alpenrhein blockiert
Größtes Flussbauprojekt Mitteleuropas verzögert sich ein weiteres Mal – Streit um Dammverlegung
LINDAU - Der Alpenrhein braucht auf seinen letzten gut 20 Kilometern vor dem Bodensee dringend einen besseren Hochwasserschutz. Da sind sich die Experten einig. Gleichzeitig soll der von Dämmen eingezwängte Fluss ein Stück weit renaturiert werden. Dieses bereits 2005 angedachte Projekt nennt sich abgekürzt Rhesi (Rhein-Erholung-Sicherheit). Nun hat es einen herben Rückschlag erlitten. Verantwortlich dafür ist eine Abstimmung in der Vorarlberger Gemeinde Koblach. Nutzungsberechtigte Personen von Grund und Boden im Projektbereich haben gegen die Pläne votiert.
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner ist alarmiert. Sollte es bei der Ablehnung bleiben, glaubt der Politiker von der konservativen ÖVP, „steht das Gesamtprojekt auf dem Spiel“. Es gilt als gegenwärtig größtes Flussbauvorhaben in Mitteleuropa. Die möglichen Kosten werden inzwischen auf Summen über einer Milliarde Euro geschätzt.
Zentraler Punkt ist das Ersetzen oder die Verbesserung der in die Jahre gekommenen Dämme. Wegen der zunehmenden Zahl von Extremwetterlagen rechnen die Vorarlberger Experten sowie ihre Schweizer Kollegen vom Westufer des Rheins mit weit umfangreicheren Wassermassen als noch vor Jahrzehnten. Katastrophale Überschwemmungen drohen. Weshalb Wallner betont: „Hochwasserschutz entlang des Alpenrheins hat für uns oberste Priorität.“ Umweltlandesrat Johannes Rauch von den Grünen wird von den Vorarlberger Nachrichten folgendermaßen zitiert: Die Koblacher Entscheidung sei „in einem Ausmaß unverantwortlich, dass man schreien könnte“.
Platz fürs Mäandern
Wobei neben dem Hochwasserschutz noch eine Öko-Verbesserung des völlig kanalisierten Flusses steht. Die entscheidende Idee dabei: an mehreren Stellen die Dämme weiter ins Hinterland zu verlagern. Der Rhein hätte dann etwas Platz fürs Mäandern. An diesem Punkt haben die Koblacher Nutzungsberechtigten eingehakt. Land, das sich in ihrer Nutzung befindet, würde durch Rhesi dem früher durchs ganze Tal kurvendem Fluss zurückgegeben. Sie sehen darin keinen besseren Hochwasserschutz, sondern nur eine „unnötige Veränderung in der Landschaft“.
Nun muss der Koblacher Gemeinderat entscheiden. Es wird davon ausgegangen, dass er dem Votum der Nutzungsberechigten folgt. Womit nicht nur die örtlichen Rhesi-Pläne blockiert wären. Womöglich bekommt dann der Widerstand gegen Rhesi in anderen Vorarlberger und Schweizer Anliegergemeinden erneut Auftrieb. Zum einen haben sie wenig Interesse, aus ökologischen Gründen Land für den Rhein abzutreten. Man sei schließlich froh darüber, es in dem flächenmässig beengten Tal in Besitz zu haben. Des Weiteren haben einige Orte auf der eidgenössischen Flussseite Trinkwasserbrunnen im Projektbereich. Sie müssten verlegt werden.
Im vergangenen Jahr sah es in diesem Zusammenhang noch nach einem Kompromiss aus. Allzu raumgreifende Ökokonzepte wurden beschnitten. Bei den Planern machte sich Optimismus breit. Rhesi-Projektleiter Markus Mähr berichtet, man habe das Projekt eigentlich vergangenen Herbst in trockenen Tüchern haben wollen. Dies hätte bedeutet, dass womöglich noch vor 2020 ein Baubeginn möglich gewesen wäre. Stattdessen, so Mähr, müsse man erst einmal innerhalb der Rhesi-Kommission und der Politik die neue Lage besprechen.