Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Warum soll man Sie wählen, Herr Czisch?“
Bei „Schule trifft Rathaus“stellt sich der Ulmer Oberbürgermeister ungewöhnlichen Fragen
ULM - Die Welten können unterschiedlicher kaum sein: Das Leben eines Oberbürgermeisters, der berufsbedingt immer nach Kompromissen sucht, ständig abwägt und immer auch die andere Seite im Blick haben muss. Und auf der anderen Seite Neuntklässler, die in der Pubertät stecken und am liebsten alles gleich und sofort haben wollen. Ein Versuch, diese Welten zusammenzuführen ist das Projekt „Schule trifft Rathaus“der Landeszentrale für politische Bildung. Jetzt hatten zwei neunte Klassen des Wiblinger Albert-Einstein-Gymnasiums Gelegenheit, OB Gunter Czisch mit Fragen zu löchern.
Warum es denn in Ulm so wenig Konzerte für junge Leute gibt, will etwa Jovana wissen. Czisch erklärt geduldig, dass die Stadt ja nicht der Veranstalter sein könne, ihre Aufgabe sei es nur, für die Rahmenbedingungen zu sorgen. Und was etwa Open-Airs in der Friedrichsau angehe, müssten auch die Rechte der Anwohner beachtet werden.
Auch die nicht-kommerzielle Seite habe die Stadt im Blick. So würde demnächst etwa ein Gebäude in der Schillerstraße befristet auf drei Jahre zu einem Treffpunkt für Kulturschaffende inklusive Proberäume ausgebaut. Czisch appelliert an die Schüler sich konkret für Projekte zu engagieren, die ihnen am Herzen liegen. Ohne ehrenamtliche Helfer könnten Orte wie der Club Schilly oder auch das Roxy nicht funktionieren.
Warum die Stadt nicht mehr Druck auf die Busunternehmen ausüben könne, will ein Schüler aus Gögglingen-Donaustetten aus, der sich täglich in überfüllten Bussen rumplagen müsse, wissen. Czisch muss weit ausholen um zu erklären, wie es dazu kommen kann. Der Nahverkehrsplan spiele hier eine zentrale Rolle. Denn die Stadt Ulm sei als „Aufgabenträgerin für den Öffentlichen Personennahverkehr“dafür verantwortlich, ein ausreichendes Angebot bei Bus und Straßenbahn sicherzustellen. Fehler im Bereich Gögglingen-Donaustetten seien erkannt und würden per Neuauflage des Nahverkehrsplans behoben.
Thomas fragt, wann es endlich in den Bussen W-Lan und Ladestationen für Handys gebe. „Bald“, sagt Czisch. Jeder neu angeschaffte Bus werde damit in Zukunft ausgestattet sein.
Wer Czisch beim Stellen seiner Frage nicht unbedingt in die Augen schauen will, hat vielleicht Glück, wenn Adrian Schilde, moderierender Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Bildung, aus einem Schuhkarton den richtigen Zettel zieht. Zuvor hatte hier jeder Schüler anonym seine Frage notieren und hineinwerfen dürfen.
Unangenehm wird es nicht für Czisch. „Was ist ihr Lieblingsrestaurant?“Am liebsten esse er zuhause mit seiner Familie. Denn in Restaurants sei er als OB immer eine öffentliche Person.
„Warum soll man Sie wählen?“„Ich versuche nur möglichst gut meine Arbeit zu machen“, sagt Czisch. Eine Wahlkampfrede wolle er den Schülern aber an dieser Stelle ersparen.