Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Nicht bloß die Stadt des Geldes
Büro Lederer Ragnarsdóttir Oei hat das Frankfurter Stadtmuseum gebaut
FRANKFURT (dpa) - Zehn Jahre hat die Sanierung des Frankfurter Stadtmuseums gedauert, 54 Millionen hat der Neubau nach Plänen des Stuttgarter Büros Lederer Ragnarsdóttir Oei gekostet. Nun präsentiert sich die Frankfurter Stadtgeschichte auf 4000 Quadratmeter neu.
Aus einer überdimensionalen Glaskugel wächst wie aus Zauberhand ein Modell der Bankentürme empor. Der Besucher erhält zugleich auf den umliegenden kreisrunden Wänden per Videoanimation vielfältige Eindrücke von der Frankfurter Finanzwelt. Im Neubau des Stadtmuseums am Römerberg zeigen acht Künstler, wie sie Frankfurt sehen. Neben „Bankfurt“geht es um Frankfurt als „Drehscheibe“, die „heimliche Hauptstadt“oder die „ewige Baustelle“.
Die „Schneekugel“gehört zu den Attraktionen des neu gestalteten Historischen Museums. 1877 errichtet, gehört es zu den größten Stadtmuseen in Europa. Der alte Name wurde beibehalten.
Künftig werden auf mehr als 4000 Quadratmetern in drei Gebäuden rund 4000 Objekte gezeigt – vom Nachttopf aus dem 17. Jahrhundert bis zum ehemaligen Arbeitszimmer des Frankfurter „Literaturpapstes“Marcel Reich-Ranicki. Nach zehn Jahren Sanierungszeit mit inhaltlicher Neuorientierung spricht Museumsdirektor Jan Gerchow von einem Universalmuseum. „Die Stadt ist das einzige Thema, das alle Bewohner angeht.“
Frankfurts große Geschichte von der Stauferpfalz über die freie Reichsstadt bis zur Finanzmetropole wird dabei nicht mehr wie früher chronologisch erzählt, sondern thematisch. Vielfach wird sie mit modernster Digital- und Videotechnik aufbereitet. Die Kehrseite des Konzepts: Es gibt keine Einzelausstellungen zum Thema NS-Zeit oder auch zu Fragen der Migration.
So geht es in der Dauerausstellung zu „Frankfurt einst“um Themen wie „Geldstadt“, „Bürgerstadt“oder „Weltstadt“. Am Einzelobjekt versucht das Museum stets, Erhellendes zu illustrieren. So ist etwa das „Gontardsche Puppenhaus“aus der Mitte des 18. Jahrhunderts zu sehen, mit dem Kinder ins Hauswirtschaften eingeführt werden sollten.
Zu den weiteren Highlights des Museums gehören der Mainhafen aus der Stauferzeit, der bei den Bauarbeiten im Untergrund des Museums in vier Meter Tiefe zufällig entdeckt wurde. Die Freilegung hat die Sanierung um eineinhalb Jahre verzögert und weiter verteuert. Jetzt kann der aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts stammende Hafen von den Besuchern über eine Galerie bestaunt werden.
Publikumsrenner dürfte die Arbeit des Rotterdamer Künstlers Hermann Helle werden. Er hat auf 70 Quadratmetern ein Stadtmodell Frankfurts konstruiert, für das er neben Geldscheinen auch Klobürsten und Dominosteine verwendet hat. Als Material für Bankentürme und Häuser hat er neben Holz auch Alufolie, Radiergummis und Dominosteine verwendet. Helle hat daran monatelang mit zwölf Mitarbeitern gewerkelt.
Frankfurt hat sich die Neugestaltung seines Museumquartiers 75 Millionen Euro kosten lassen. Im rund 54 Millionen teuren Neubau sind die knapp zehn Millionen Euro für die Neukonzipierung der Ausstellungen enthalten. Zuvor war der aus mehreren Gebäuden bestehende Altbau des Stadtmuseums für 20 Millionen Euro saniert worden.