Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Zwischen Elternwunsch und Wirklichkeit
Die Zahl der Betreuungsplätze für Kleinkinder steigt, Studien sehen dennoch Lücken
STUTTGART - Baden-Württemberg ist Spitzenreiter: In keinem anderen Bundesland kommen auf ein Kind so viele Erzieher. Doch es ist längst nicht alles Spitze im Südwesten.
Studien des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen: Mehr als 42 Prozent der Eltern in BadenWürttemberg und Bayern wünschen sich für ihre Kleinkinder Betreuungsplätze. Doch 2016 gingen in beiden Ländern nur etwa 27 Prozent der unter Dreijährigen tatsächlich in eine Kita. Dagegen sind im Alter von drei bis sechs Jahren über 97 Prozent aller Jungen und Mädchen wenigstens halbtags versorgt.
Zwischen Wunsch und Angebot klafft also bei den Kleinen eine deutliche Lücke. Nach Berechnungen des IW fehlen in Baden-Württemberg 41 165 Plätze für unter Dreijährige, in Bayern 52 131 – so viele wie sonst nur noch im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen.
„Da sind rein rechnerische Größen, aber die Lage ist regional sehr unterschiedlich“, sagt Roland Kaiser, Leiter des Landesjugendamtes in Stuttgart. „Grundsätzlich ist es uns in Baden-Württemberg gelungen, die Zahl der Plätze deutlich aufzubauen und dabei die Qualität der Betreuung zu halten.“
Seit dem Antritt der damaligen grün-roten Landesregierung im Jahr 2011 stieg allein die Zahl der Plätze in Gruppen nur für unter Dreijährige von rund 23 000 auf mehr als 50 000 im Jahr 2015. Hinzu kommen etwa 20 000 Plätze in Gruppen, in denen auch ältere Kinder sind.
Eine Sprecherin des Stuttgarter Kultusministeriums sagte: „Wir wissen, dass es einen großen Bedarf gibt und wir noch einiges zu tun haben.“Bis 2018 flößen 76 Millionen Euro vom Bund in Plätze für unter Dreijährige. Das Land trägt knapp 70 Prozent der Kita-Betriebskosten, 2017 sind das 824 Millionen Euro.
Das bayerische Familienministerium gibt zu bedenken, dass die Berechnungen auf Wünschen der Eltern basierten – diese sagten aber nicht, ob und ab wann sie tatsächlich einen Platz benötigten. Eltern haben außerdem einen Rechtsanspruch auf Betreuung ihrer Kinder. Dennoch würden Eltern selten vor Gericht um einen Kita-Platz streiten, so das Ministerium. Das deute darauf hin, dass der Bedarf in Bayern derzeit weitgehend gedeckt sei.