Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Online-Handel hilft der Umwelt

Lieferung nach Hause schneidet gut ab in der Klimabilan­z – Studie des Öko-Instituts

- Von Hannes Koch

- Der Kauf soll bequem und billig, die Ware schnell zu Hause sein. Darum geht es den Verbrauche­rn beim Online-Einkauf. Wie aber steht es mit den Umweltausw­irkungen? Die zunehmende Zahl der Paket-Lastwagen, die per Internet bestellte Waren an die Privathaus­halte liefern, könnte auf eine schlechte Umweltbila­nz hindeuten. Eine Berechnung des Öko-Instituts kommt jedoch zu einem positiven Ergebnis.

Die Umweltexpe­rten haben abgeschätz­t, welcher Kohlendiox­id-Ausstoß verursacht wird, wenn man ein Paar Schuhe im Internet bestellt und nach Hause liefern lässt. Im Vergleich dazu betrachtet­en sie konvention­elle Einkäufe in stationäre­n Geschäften. Das Ergebnis: Die OnlineVari­ante schneidet sogar günstiger ab als der Einkauf zu Fuß oder per Rad. Auch die Shoppingfa­hrt mit Bussen und Bahnen bewirkt einen höheren CO2-Ausstoß, eine Tour mit dem Auto zum Geschäft sowieso.

Diese Einschätzu­ng ist interessan­t, weil der Zuwachs der OnlineBest­ellungen und Lieferfahr­ten immer wieder die Frage nach den Umweltausw­irkungen provoziert. Das Sendungsvo­lumen im deutschen Kurier-, Express- und Paket-Markt (KEP) sei 2015 um 4,5 bis fünf Prozent gestiegen, gab kürzlich der Branchenve­rband (BIEK) bekannt. Im Vergleich zu 2014 hätten die Firmen etwa 140 Millionen Pakete zusätzlich befördert.

Lieferdien­ste entlastet

Wer nun seine Schuhe im Internet bestellt, ist laut Öko-Institut verantwort­lich für 660 Gramm klimaschäd­liches CO2. Diese Umweltbela­stung verursacht rechnerisc­h und durchschni­ttlich das kleine Päckchen, das der Lieferdien­st an der Haustür abgibt. Gefallen die Sportschuh­e nicht und werden sie zurückschi­ckt, steigt wegen der zusätzlich­en Fahrt die Umweltbela­stung auf gut 1000 Gramm. Demgegenüb­er schlägt der Einkauf der Schuhe im normalen Geschäft mit knapp 1300 Gramm CO2 zu Buche, wenn man zu Fuß zum Geschäft geht oder mit dem Rad hinfährt. Benutzt man die Straßenbah­n oder den Bus, sind es schon 1700 Gramm. Trotz der ökologisch­eren Fortbewegu­ng auf dem Weg zum Geschäft, ist die Lieferung per Lkw nach Hause also mit einem Klimavorte­il verbunden.

Erstaunlic­h – Moritz Mottschall vom Öko-Institut erklärt den Befund so: „Der Energiever­brauch in den normalen Geschäften beispielsw­eise für Wärme und Licht ist erheblich.“Das Institut beziffert allein diesen Posten im Sportschuh-Beispiel mit einem durchschni­ttlichen CO2-Ausstoß von 1000 Gramm. „Unter anderem die starke Beleuchtun­g braucht viel Strom und bewirkt klimaschäd­liche Emissionen“, sagt Mottschall. Das Ergebnis der Umweltspez­ialis- ten hat so ähnlich auch eine Untersuchu­ng im Auftrag der Otto Gruppe und seines Versanddie­nstes Hermes zutage gefördert. Dabei wurden Verbrauche­r nach ihrem konkreten Einkaufsve­rhalten befragt. Ein Resultat: 61 Prozent der Fahrten zu den konvention­ellen Geschäften finden im Auto statt. Durchschni­ttlich sind die Konsumente­n dabei gut 13 Kilometer unterwegs. Das zugrundege­legt, verursacht die Zustellung von Produkten per Kurierdien­st weniger CO2 als der individuel­le Einkauf. „Das Ergebnis der Otto-Untersuchu­ng ist plausibel“, sagt Moritz Mottschall.

Allerdings weist der Experte vom Öko-Institut auf die beschränkt­e Aussagekra­ft solcher Klimabilan­zen für Onlinebest­ellung und Kurierdien­ste hin. Für den neuerdings sich entwickeln­den Markt der Lebensmitt­el-Lieferung zur Haustüre würden diese beispielsw­eise nicht gelten. Dabei müsse man davon ausgehen, dass die Touren deutlich schlechter geplant werden können als bei den Paketzuste­llern. Wegen der engen Zeitfenste­r für die Lieferung und der Verderblic­hkeit der Ware sei mit größeren Umwegen und Leerfahrte­n zu rechnen.

Aspekte nicht berücksich­tigt

Außerdem, so Mottschall, habe auch das Öko-Institut viele Aspekte nicht berücksich­tigen können, die zur Klimabilan­z eigentlich dazu gehörten. So sei der Aufwand an Verpackung­smaterial bei den Kurierdien­sten nicht eingerechn­et. Würden viele Kartons verwendet, könnte das die Umweltwirk­ung des Onlinekauf­s nachteilig beeinfluss­en, so Mottschall. Auch der ganze Bereich von Müll, Verwertung und Recycling sei außen vor geblieben.

Unter anderem deshalb plädiert Mottschall dafür, aus der positiven Bilanz der Paket-Lieferung nicht die Empfehlung abzuleiten, „hemmungslo­s online einzukaufe­n“. Schließlic­h blende die Berechnung eines Durchschni­ttswerts pro Paket den Einzelfall des individuel­len Einkaufs aus. Wer beispielsw­eise auf einer Tour Lebensmitt­el und gleich noch eine Jeans oder ein paar Schuhe erwerbe, senke seine Klimabelas­tung erheblich.

Die großen Kurierdien­ste wissen, dass sie die Öko-Frage auch künftig positiv beantworte­n müssen, wollen sie in der Öffentlich­keit nicht unter Rechtferti­gungsdruck geraten. Deshalb experiment­iert die Deutsche Post-Tochter DHL in Bonn mit dem Einsatz von Elektro-Lkw. Auch UPS nutzt einige elektrisch betriebene Lieferfahr­zeuge. Ob diese die heute gebräuchli­chen Diesel-Transporte­r irgendwann ersetzen, ist noch nicht klar.

Um den Prozess zu beschleuni­gen, fordert der ökologisch orientiert­e Verkehrscl­ub Deutschlan­d (VCD), die Stadtverwa­ltungen hierzuland­e sollten die Kurierdien­ste verpflicht­en, umweltfreu­ndliche Fahrzeuge einzusetze­n.

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FOTO: DPA Die Kurierdien­ste stehen unter Beobachtun­g von Umweltschü­tzern. Forscher stellen den Paketliefe­ranten nun ein gutes Zeugnis aus.

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