Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein Tritt aufs Schienbein mit Folgen
Nach Florian Kleins Platzverweis verliert Stuttgart das überlegen geführte Spiel beim Hamburger SV noch 2:3
(SID/sz) - Es hat sich eine Menge geändert beim VfB Stuttgart seit den schlimmsten Tagen der Vorsaison, die beinahe mit dem Abstieg geendet hätte. Nur eines nicht: Es fällt der Mannschaft nach wie vor enorm schwer, ihre Leistung auch ins Ergebnis zu übertragen, auch wegen individueller Aussetzer. Beim unglücklichen 2:3 (2:1) im Samstagabendspiel des 2. Spieltags der Fußball-Bundesliga beim Hamburger SV waren die Stuttgarter wie schon gegen Köln lange Zeit das bessere Team, aber Punkte gab’s am Ende wieder nicht, vor allem, weil sich Verteidiger Florian Klein einen Platzverweis einhandelte.
Der neue Trainer Alexander Zorniger genießt trotz des Fehlstarts deutliche Rückendeckung. „Wir glauben total an das, was der Trainer uns vorgibt. Wir spielen einen ansehnlichen Fußball, da werden die Siege automatisch kommen“, sagte VfB-Angreifer Martin Harnik. „Es ist tatsächlich so, dass wir viele Dinge, die wir uns vorgenommen haben, schon gesehen haben“, lobte Sportvorstand Robin Dutt im „Doppelpass“bei Sport1.
Allerdings warnte er auch: „Wir müssen jetzt einen Balanceakt schaffen. Einerseits darfst du nicht sagen: Nur weil wir jetzt gut gespielt haben, spielen wir automatisch nächste Woche wieder gut. Das andere Extrem ist natürlich, dass sich nicht irgendwas im Kopf verfestigen darf, dass der Glaube wieder verloren geht.“
Die bisherigen Auftritte gaben wenig Anlass zu diesen Bedenken. So wurde dem VfB in Hamburg Kleins Platzverweis (53.) zum Verhängnis. „Wir haben wenig zugelassen bis zur Gelb-Roten Karte, danach war es ein anderes Spiel. Das ist sehr ärgerlich“, sagte der 47 Jahre alte Bundesliga-Novize Zorniger. Dabei war Klein in der turbulenten Vorsai- son ein Muster an Beständigkeit. In allen 34 Bundesliga-Spielen dabei, verteidigte der österreichische Nationalspieler solide und sah dabei die Winzigkeit von zwei Gelben Karten.
In Hamburg benötigte er für diese Ausbeute gerade einmal 81 Sekunden. Die Folge: Völlig unnötiger Platzverweis in der 53. Minute und die Wende im Spiel. Der bis dahin spielerisch schwache HSV rannte in Überzahl wie wild an und drehte das Spiel dank zweier später Tore noch.
Dabei hatte Klein letztlich sogar Glück. Seine zweite Gelbe Karte hätte eigentlich glatt Rot sein müssen, der Einsatz des 28-Jährigen gegen Matthias Ostrzolek mit gestrecktem Bein war am Rande der Körperverletzung. Weil Schiedsrichter Günter Perl (Pullach) die Situation anders bewertete, kommt Klein mit einem Spiel Sperre davon.
Als Klein gehen musste, führte der VfB um Doppel-Torschütze Da- niel Ginczek (23., 42.) und den omnipräsenten Daniel Didavi vor 54 618 Zuschauern verdient mit 2:1. In Unterzahl ging Stuttgart in der Schlussphase die Kraft aus, Joker Pierre-Michel Lasogga (84.) und HSV-Kapitän Johan Djourou (89.) drehten das Spiel zugunsten der spielerisch unterlegenen Hamburger, für die Ivo Ilicevic das 1:1 (34.) erzielt hatte. „Endlich ein paar Tage Ruhe“, sagte der Schweizer Innenverteidiger Djourou nach seinem ersten Bundesliga-Tor im 70. Einsatz. Auch Trainer Bruno Labbadia war heilfroh, dass der Negativtrend gestoppt ist: „Wir wissen, dass es noch viele Dinge gibt, die wir noch besser machen müssen. Wir wollten dem Pressing vom VfB aus dem Weg gehen. Das haben wir nicht immer optimal gemacht.“
Auch vor Wochenfrist gegen den 1. FC Köln (1:3) war der VfB besser gewesen, ehe die Gäste per Konter zuschlugen und den Spielverlauf auf den Kopf stellten. „In den ersten beiden Spielen hat immer etwas gegen uns gespielt. Wenn das wegfällt, werden wir auch punkten“, prophezeite Zorniger, der mit dem VfB am Samstag (15.30 Uhr/Sky) die Frankfurter Eintracht empfängt. Unverkennbar ist bereits jetzt die Handschrift des 47-Jährigen: Der VfB gewährt dem Gegner kaum Räume für den Spielaufbau, schaltet nach Ballgewinn über sein dynamisches Offensivquartett Ginczek, Didavi, Harnik sowie Filip Kostic blitzschnell um.
Woran es laut Zorniger neben einem Erfolgserlebnis noch fehlt, ist die Breite im Kader. „Wir konnten mit den Wechseln in Hamburg die Qualität nicht hochhalten“, sagte der Trainer: „Unsere laufintensive Spielweise erfordert einen großen Kader.“Dutt deutete an, dass sich noch etwas tun könnte: „Wir würden gerne nochmal nachlegen. Wir diskutieren jeden Tag die Namen.“