Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Adelsheim leuchtet
Videokunst und Licht-Show unter uralten Bäumen
- Hört sich nach einem sicherlich netten Lampion- und Lichterfest an, ganz oben in BadenWürttemberg. Ins verträumte Nowhereland, wo die Zeit gefühlt nur halb so schnell vergeht wie andernorts, muss man nicht unbedingt hinfahren. Von wegen: Die zehnte Ausgabe von „Adelsheim leuchtet“ist ein Ereignis, zu dem der Hausherr, der Videokünstler und Kameramann Louis von Adelsheim, namhafte andere Bewegtbild-Künstler eingeladen hat. Aus Chile, den USA, Deutschland.
Natürlich zeigt er auch seine eigenen Installationen und Kunststücke, manche klein, andere im Riesenformat. Das alles im wildromantischen Schlosspark, prächtig illuminiert mit Kerzen, Fackeln, Feuerkörben, Strahlern, mittendrin ein Flüsschen. An den hohen Wänden des Schlosses Projektionen von Wolkenkratzern New Yorks. Auch wer skeptisch herangeht: Irgendwann verliert man den Bezug zur Realität, ist verzaubert. Innenwelt und Außenwelt, gibt es Grenzen?
Kunst im Schlosspark
Dass Adelsheim, ansonsten eher bekannt durch sein Jugendgefängnis, leuchtet, hat eine ungewöhnliche Vorgeschichte. Als Kameramann und Künstler war „der Baron“, wie er im Ort genannt wird, schon in der Schweiz erfolgreich. Zog dann nach Chile, lebte dort mit Frau und Tochter, zählte bald zu den wichtigen Künstlern im Land. Als er gefragt wurde, ob er sein Erbe – Schloss Adelsheim samt Oberschloss und Wäldern und Land – antreten wollte, beschloss er, keineswegs das Leben eines ländlichen Freiherren zu führen. Wollte weiter seine Kunst machen, in Chile und in Deutschland leben; Licht und starke Bilder künftig in seinem Schlosspark, im Städtchen Adelsheim präsentieren. Mit großem Einsatz, auch finanziellem.
Hat Adelsheim gutgetan. Die Bewohner stehen voll hinter ihrem Baron, der als Aktion gegen den Durchgangsverkehr schon mal ganz viele Zebtrastreifen auf die Straße gemalt hat. Sie unterstützen ihn mit einem Helferverein, illuminieren zum Höhepunkt der „Nacht der 10 000 Lich- ter“alles, was irgendwie beleuchtet, und herausgehoben werden kann: Farbe, Licht, fast irreale Eindrücke.
„Im Zentrum der Welt“lautet das Thema zum zehnjährigen Bestehen, Bilder, Projektionen aus Santiago de Chile, aus Valparaiso, aus New York, natürlich auch aus Adelsheim. Mittendrin belehrt ein Professor Lahwaknecht (der Mann ist tatsächlich einer) im Video, warum Adelsheim das Zentrum der nördlichen Hemisphäre ist – nämlich dank Stabmagnetismus, Lava-Aktivität und anderem.
Traumhaft schön ist die Musik von Jorge Arriagada, einem renommierten chilenischen Filmmusiker, zur großen Videoinstallation „Valparaiso“von Louis von Adelsheim“– der Mensch im Netzwerk, zwischen Chaos und chaotischer Ordnung. Komponiert hat Arriagada diese Musik übrigens in Adelsheim, ohne die Bilder gesehen zu haben. Er bevorzugte ein intensives Gespräch mit Louis von Adelsheim über dessen Intention.
Weiter im Schlosspark: der deutsche Filmautor und Lichtkünstler Till Nowak, der New Yorker Stefan Roloff, Emanuel Finckenstein, Juan Castillo mit seiner in der AtacamaWüste gedrehten Videoinstallation „Ich gebe dir deinen Namen zurück“, der chilenische Bildhauer Christian Olivares mit seinem übergroßen „Manolito“. Bis in die Unendlichkeit reichend, nach allen Seiten hin von Adelsheims großem Spiegelkubus, in Wolken, Wasser, Feuer. Schon bald wird’s einem psychedelisch, ganz ohne illegale Substanzen.
Audiovisuelle Installation
Die Sommerinstallationen von „Adelsheim leuchtet“Anfang August sind bereits wieder Geschichte, aber während der Weihnachtszeit werden Schlosspark und Städtchen nochmals zum Zentrum der audiovisuellen Installation. Im Jahr 2016 wird es wohl keinen Event in Adelsheim geben – Louis von Adelsheim hat in Chile noch so einiges vor. Unter anderem am Museo de Arte Contemperaneo (MAC) in Santiago, bei dessen Wiederaufbau der Baron nach dem Erdbeben 2011 tatkräftig geholfen hat. Von seinem Leuchtstädtchen Adelsheim mit den rund 5000 Seelen wieder in die quirlige Fünf-Millionen-Stadt.