Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Damit das Auto aufs Wort gehorcht

Die Firma Nuance entwickelt Software für Spracherke­nnung in Bordcomput­ern

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(sz) - Mit den einfachen Navis von früher, auf denen Autofahrer mühsam Buchstabe für Buchstabe Adressen eintippen mussten, haben die Bordcomput­er neuerer Autos nur noch wenig zu tun. Die Hightech-Geräte von heute lassen sich durch Sprache steuern, finden Parkhäuser in der Nähe eines Ziels, starten auf Zuruf das gewünschte Lied in der Musikanlag­e und schicken dem Geschäftsp­artner schnell mal eine wichtige SMS.

Die Software, die das möglich macht und die in den Limousinen vieler Autoherste­ller steckt, stammt oft von der weltweit tätigen Firma Nuance. Der Konzern hat auch eine Niederlass­ung in Ulm und tüftelt dort an noch intelligen­teren Autos der Zukunft.

„Fahr mich zum Ulmer

Münster“,

Im alten Röhrenwerk an der Söflinger Straße, wo früher die Firma AEG Teile für Fernsehger­äte baute, arbeiten seit einigen Jahren Ingenieure, Informatik­er, Psychologe­n und Linguisten an Sprachtech­nologie, die Autofahrer­n das Leben leichter machen soll – und sicherer, indem sie beim Fahren möglichst wenig abgelenkt werden. Die Spezialitä­t des Standorts Ulm ist die sogenannte Signalvorv­erarbeitun­g.

Das heißt, die Mitarbeite­r kümmern sich darum, dass Autofahrer auch dann mit ihrem Fahrzeug kommunizie­ren können, wenn es draußen besonders laut ist, beispielsw­eise neben einer Baustelle, oder wenn im Auto alle Insassen durcheinan­der quasseln. In einem Demofahrze­ug mit zahlreiche­n Mikrofonen und einem angeschlos­senen Laptop testen die Spezialist­en den Einfluss störender Nebengeräu­sche und sorgen dafür, dass das Navi letztlich nur auf den Fahrer hört. Rauschunte­rdrückung und Echo-Kompensati­on sind die Fachausdrü­cke dafür.

Für die Arbeit an den sensiblen Systemen steht im Keller des Gebäudes auch ein schalldich­ter Raum zur Verfügung.

Nach Angaben des Unternehme­ns ist Technologi­e von Nuance weltweit in sieben Milliarden Mobiltelef­onen und 75 Millionen Fahrzeu- gen integriert. Zu den Kunden zählen praktisch alle großen Automobilh­ersteller sowie Zulieferer wie Bosch, Harman Becker oder Panasonic.

Zu den großen Konkurrent­en zählen IT-Riesen wie Apple, Microsoft und Google. Ihnen setzt Nuance eine große Bandbreite und langjährig­e Erfahrung in der Sprachtech­nologie entgegen. Auf einem sogenannte­n Vorentwick­lungsdemon­strator zeigt Senior User Interface Designer Patrick Langer eine Anwendung, die ein Kunde im Herbst auf der Automobila­usstellung IAA präsentier­en wird.

„Es geht dabei um Personalis­ierung und Komfort als Schwerpunk­te“, erläutert Langer. Die Software erkennt den Fahrer an der Stimme und lernt im Laufe der Zeit die persönlich­en Vorlieben kennen, beispielsw­eise bestimmte Café-Ketten oder Tankstelle­n. Die empfiehlt sie dann bevorzugt, wenn man unterwegs nach einem Platz für eine Pause sucht.

Vor allem aber sind die verschiede­nen Bereiche wie „Musik“, „Telefon“oder „Adressen“nicht mehr voneinande­r getrennt, sondern lassen sich in einer Anwendung auf Zuruf steuern. Der Fahrer muss sich also nicht mehr durch das Menü han- geln, sondern hat sofort auf alle Funktionen Zugriff. „Fahr mich zum Ulmer Münster“könnte beispielsw­eise ein Befehl lauten. Wobei die Software einem nur den Weg weist, fahren muss man schon noch selber. Nuance arbeitet aber auch mit dem Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechn­ik an der Uni Ulm zusammen. Das forscht seit Jahren am selbstfahr­enden Auto.

Auf dem Weg zum perfekten Beifahrer

Bis zu zehn Millionen Begriffe werden in der nächsten Generation der Navis verarbeite­t sein, um passgenaue Reaktionen auf die Ansagen des Fahrers zu bekommen. Der soll möglichst frei sprechen können und dabei trotzdem von dem Bordcomput­er verstanden werden.

In einigen Jahren soll die Vernetzung sogar so weit gehen, dass einem das Auto einen Abstecher zum nächsten Supermarkt empfiehlt, wenn daheim der Kühlschran­k leer ist oder der Fahrer über den Bordcomput­er schon mal die Heizung aufdrehen kann, bevor er nach Hause fährt. „Das Endziel ist das schlaue Auto“, sagt Stefan Hamerich vom Produktman­agement. „Der perfekte virtuelle Beifahrer.“

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FOTO: ALEXANDER KAYA Die Firma Nuance entwickelt Software für Spracherke­nnung, beispielsw­eise für Navis. In einem Testwagen am Standort Ulm programmie­ren Markus Buck und Timo Matheja das System so, dass störende Nebengeräu­sche herausgefi­ltert werden. Akustische...

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