Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bei anhaltender Trockenheit droht Engpass an Tankstellen
Tankschiffe können bei Niedrigwasser den Rhein womöglich nicht mehr befahren – Noch ist die Versorgungssicherheit gewährleistet
RAVENSBURG - Der Tankstellen-Interessenverband (TIV) befürchtet aufgrund der anhaltenden Hitze und Trockenheit Engpässe an den Tankstellen. „Es könnte demnächst einen Mangel geben“, sagt der Verbandssprecher Herbert W. Rabl. Wenn es über die kommendenWochen weiterhin so trocken bleibt, führt das zu Niedrigwasser in den Flüssen. Dann können Frachtschiffe nur noch mit deutlich weniger Ladung oder irgendwann gar nicht mehr fahren. Aktuell liegt der Pegel des Rheins bei Kaub zwischen Koblenz und Mainz nur noch bei 73 Zentimetern. Innerhalb von zwei Wochen ist er auf diesen kritischen Stand gesunken. Sollte er unter 40 Zentimeter sinken, können Schiffe die Stelle nicht mehr passieren. „Man rechnet damit, dass es dazu kommt“, sagt Rabl.
Der Südwesten Deutschlands wird hauptsächlich über den Rhein mit Kraftstoffen versorgt. Die wichtigste Raffinerie für Baden-Württemberg befindet sich in Karlsruhe. Sie erhält ihr Rohöl über die Transalpine Pipeline aus Triest in Italien. Die Raffinerie verarbeitet den Rohstoff dann zu Benzin, Diesel und Heizöl. Mehr als ein Viertel der Produktion bringen Binnenschiffe über Rhein und Neckar in flussnahe Tanklager.
Versorgungsengpässe an den Tankstellen gibt es aber laut dem Wirtschaftsverband Fuels und Energie aktuell noch nicht. „Momentan können Binnentankschiffe auf dem Rhein wegen des Niedrigwassers nicht ihren vollen Tankraum füllen. Derzeit können unsere Mitgliedsunternehmen alle Transporte abdecken, aber die Versorgung bleibt anspruchsvoll. Wir beobachten die Lage weiterhin genau“, teilt der Pressesprecher des Mineralölverbands, Alexander von Gersdorff auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. Sollte die Schifffahrt zum Erliegen kommen, würden zunächst die Kraftstofflager entlang des Rheins in Anspruch genommen werden, erklärt Rabl.
Problematisch ist das Niedrigwasser in den Flüssen aber nicht nur für den Transport von Diesel oder Benzin, sondern auch für andere Wirtschaftszweige, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“schreibt. Demnach
seien aktuell viele Frachtschiffe mit Kohle auf dem Rhein unterwegs, weil Kohleimporteure enorme Ladungsmengen abfragen. Grund dafür sei, dass die Kohlekraftwerke infolge der Gas-Krise länger laufen sollen. Außerdem solle das Getreide aus der Ukraine nicht nur mit Bahn und Lkw, sondern auch auf Schiffen verteilt werden. Im Hitzesommer 2018 hatte die lang anhaltende Trockenheit dazu geführt, dass die Schifffahrt auf dem Rhein teilweise eingestellt wurde. An einigen Tankstellen ging der Sprit aus. Auch Unternehmen der Chemiebranche und die Stahlindustrie mussten ihre Produktion herunterfahren, weil sie vom Niedrigwasser des Rheins betroffen waren.
Um solche Engpässe zu vermeiden, gibt es inzwischen längerfristige Vorhersagen der Pegel für die Binnenschifffahrt. Das soll ihnen bei sinkenden Pegelständen wie während der aktuellen Trockenheit die Planung erleichtern, wie viel Ladung sie noch aufnehmen können. Nach Angaben der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) in Koblenz vom Dienstag kann mit ihrer neuen 14-Tage- und SechsWochen-Vorhersage „effizienter auf Niedrigwassersituationen reagiert“werden. „Die Elbe führt bereits seit Mitte Juni Niedrigwasser und auch am Rhein müssen tiefergehende Schiffe mancherorts die Abladung verringern.“
Wenn aber an Tankstellen mancher Treibstoff nicht verfügbar ist, kann das auch andere Gründe haben. So gab es im Saarland in den vergangenen Wochen teilweise keinen Sprit mehr, weil die Nachfrage schlagartig angestiegen sei, wie Rabl vom TIV mitteilt. Viele Saarländer tanken normalerweise günstiger in Frankreich. Nachdem aber die Preise im Nachbarland angestiegen waren, tankten mehr Menschen im Saarland. Deshalb standen dort manche Autobesitzer in den vergangenen Tagen umsonst vor der Zapfsäule.