Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Homeoffice statt Stadion
ARD und ZDF stehen bei ihrer Olympia- und EM-Planung vor etlichen Unbekannten
BERLIN (dpa) - Der zweite Versuch der Olympia- und EM-Vorbereitung läuft auf Hochtouren. Nach der Verschiebung der Sommerspiele und der Fußball-Europameisterschaft im Vorjahr mussten ARD und ZDF ihre Planungen neu beginnen, zwischenzeitlich umschmeißen – und sie wissen bei einigen wesentlichen Details immer noch nicht, wie die TV-Berichterstattung von den Sport-Großereignissen letztlich funktionieren wird.
„Das ist die größtmögliche Herausforderung, die es so noch nicht gegeben hat“, sagt ARD-EM-Koordinator Steffen Simon: „Wir haben mehrere Planungen wieder geändert.“Das Hauptproblem: „Man weiß nicht genau, was noch passiert, das macht es so kompliziert.“Die Verschiebungen und die Unsicherheiten durch Corona haben bereits zu gravierenden Änderungen geführt, die vor allem die Orte der Produktion und das Personal betreffen. Homeoffice statt Stadion lautet die Devise.
„Die Mehrkosten der Verschiebung mussten bei der Neuplanung kompensiert werden“, hieß es zur Olympiaorganisation beim ZDF: „Auf Grund der pandemiebedingten Einschränkungen wurde das Produktionskonzept angepasst, und wir werden in Tokio mit deutlich weniger Personal vor Ort sein.“
Ähnlich lauten die Aussagen bei der ARD. Die Olympiazentrale beider Sender steht bei den Olympischen Spielen nicht in Japan, sondern auf dem Lerchenberg in Mainz. Die Sicherheit der Mitarbeiter und die Kosten sind die wesentlichen Gründe für die gemeinsame Heimarbeit. Das gilt nicht nur für die technische Abwicklung. Auch viele Kommentatoren sitzen daheim im Studio. „Ein Großteil des technischen Personals in den Bereichen Kamera, Schnitt, Bildtechnik, Audiotechnik et cetera arbeitet in der Regel für beide Systeme“, erklärte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. „Darüber hinaus wird auch die technische Ausstattung überwiegend gemeinsam betrieben und genutzt – wie Schaltraum, Regiezonen und vieles mehr.“
Für Sportereignisse in Zeiten der Corona-Pandemie gilt laut Balkausky: „Es gibt umfangreiche Hygienekonzepte für die Tätigkeiten vor Ort, die neue Strukturen und produktionelle Änderungen bedeuten.“Eine besondere Herausforderung sei es, „auch kurzfristig auf neue Entwicklungen reagieren zu können“. Und nebenbei müssen bereits die Winterspiele in Peking und die Fußball-WM in Katar im kommenden Jahr geplant werden.
Während bei Olympia in Tokio zumindest der Ort des Geschehens eindeutig ist, sieht es beim paneuropäischen Fußballturnier ganz anders aus. Ob es wirklich in zwölf Ländern gespielt wird, ist derzeit ungewiss. Wohin sie ihre Reporter schicken müssen, wissen die Sender also noch nicht mit Sicherheit. Und wenn es bei dem Dutzend bleibt, stellt sich die Frage: Dürfen die Journalisten quer durch Europa reisen – oder benötigen ARD und ZDF für jedes der zwölf Stadien einen eigenen Kommentator?
Immerhin soll es durch die Verschiebung keine Probleme bei den Werbeeinnahmen geben. Zahlreiche Kunden haben laut ZDF „ihre Budgets in dieses Jahr umgeparkt“. Von der ARD ist Ähnliches zu hören.