Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kein großer Fang im Restaurant Karpfen
Grundsätzlich ist es eine sehr gute Nachricht, dass im Restaurant Karpfen in Illmensee bei wechselhaftem Wetter an diesem Sonntagmittag viele Menschen auf der Terrasse in die Sonne blinzeln. Einige Gäste beleben auch das geschmackvoll eingerichtete Innere, dominiert von hellem Holz und dunklem Leder. Alles wirkt außerordentlich gepflegt, der maskierte Kellner ist auch durch das Flies vor seinem Mund hindurch ein toller Gastgeber.
Die Karte ist eine Überraschung: Die Verheißung des Namens „Karpfen“erfüllt lediglich ein Fischgericht auf der Karte: Zanderfilet. Darüber hinaus finden sich die üblichen fleischigen Verdächtigen – verschiedene Schnitzel, Kässpätzle sowie diverse Bratenvariationen. Nostalgisches außerdem: Gulaschsuppe und Toast Hawaii. Erstere eröffnet den Speisereigen – und markiert keinen Höhepunkt.
Die rote Flüssigkeit
wirkt am Gaumen unangenehm künstlich und deutet auf Pulver hin. Die Fleischeinlage ist Schwein und sieht nicht so aus, als sei sie in der Suppe gegart worden – sondern später dazugekommen. Die altbackenen Scheiben von einer Seele können diese Vorspeise nicht retten. Deutlich frischer geht es da bei den Salaten zu, auch wenn der Kartoffelsalat zu trocken ist: Kraut und Karotte sind erfreulich gut abgeschmeckt. Ein säuerliches Dressing – diesmal ohne das unangenehme Prickeln von Hefeextrakt – frischt die schönen Blätter geschmacklich sehr gut auf. Die Salatvariation mit Mangohuhn bringt einen fruchtigen Akzent mit, auch wenn das Fleisch zu lasch angebraten ist. Viel Humor braucht der Schwabe auch bei den als „Abgeschmelzte Käsespätzle“servierten Teigwaren. Der Käse ist geschmacklich so unauffällig, dass seine Zuordnung
kaum möglich ist. Charakter wie etwa Bergkäse besitzt er jedenfalls nicht. Die viel zu hell gebratenen Zwiebeln haben keine Chance bekommen, süßlich-feine Röstaromen zu entwickeln.
Der Kalbsrahmbraten hat da zum Glück deutlich mehr zu bieten. Zum Beispiel eine Soße von tiefgründiger Schwere, die im Wesentlichen vom Fleisch und nicht von Pulvern herrührt. Die Scheiben vom Kalb sind schön zart, in der Rolle der buttrigen Begleitung machen auch die langen Spätzle eine bessere Figur. Ein paar gebratene Steinchampignons sowie geröstete Brotwürfel runden hübsch ab. Die Gemüse-Eskorte, bestehend aus Blumenkohl, Karotten sowie Zucchini, hat jeweils noch einen schönen Biss. Warum die Küche allerdings an der Luft durch Oxidation braun gewordene Apfelscheiben auf den Tellern für hübsche Dekoration hält, bleibt ein Mysterium.
Das Schweineschnitzel Wiener Art hinterlässt wohlwollend betrachtet einen soliden Eindruck, wobei die knusprigen Pommes doch das
Beste sind, was auf diesem Teller liegt. Damit vermittelt das Restaurant Karpfen mit seiner wundervollen Lage am Illmensee rund 20 Kilometer nördlich des Bodensees einen eher zwiespältigen Eindruck. Und dass die Küche über Potenzial verfügt, das sie aber nicht ausschöpft. Vielleicht ist das auch auf Tagesausflügler ausgerichtete Konzept einfach ein anderes. Eindeutig befremdlich ist aber der Schluss: Im Karpfen ist nur Barzahlung möglich, sodass der Gast extra zur Bank gehen muss, um seine Zeche zu begleichen. Guter Service geht anders.
Hauptstr. 25
88636 Illmensee
Tel. 07558-262 www.karpfen-am-illmensee.de Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 11-22 Uhr, Montag Ruhetag, Hauptgerichte 8,80-21,80 Euro
Weitere www.schwäbische.de/aufgegabelt