Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Sportkreis Ravensburg schlägt Alarm
Nicht nur Präsident Karlheinz Beck fordert einen Rettungsschirm für Sportvereine
Von Thorsten Kern
RAVENSBURG - Auf der Homepage des Württembergischen Landessportbundes (WLSB) haben Vereine seit einigen Wochen die Möglichkeit, ihre finanziellen Schäden zu übermitteln. Zwar haben das auch im Sportkreis Ravensburg noch lange nicht alle Clubs gemacht. Dennoch zeigen die Rückmeldungen, dass es um immense Summen geht.
Eine Zwischenauswertung zum Ende der vergangenen Woche brachte im Sportkreis Ravensburg ein Ergebnis von 1,1 Millionen Euro Schaden für die Vereine vom Allgäu bis Oberschwaben. Da die großen Vereine wie die MTG Wangen, der TSB Ravensburg oder der KJC Ravensburg – der mit rund 250 000 Euro Schaden rechnet – noch keine Zahlen übermittelt haben, geht Karlheinz Beck, Präsident des Sportkreises Ravensburg, von einem Schaden von mindestens zwei Millionen Euro aus. „Den Vereinen geht es nicht gut“, sagt Beck. „Dabei ist der Sport aus unserer Sicht absolut systemrelevant und wird auch nach der Corona-Krise dringend gebraucht.“Beck und seine SportkreisMitstreiter Eberhard Heurich und Uschi Riegger sowie Rolf Engler, Vorsitzender des Sportverbands Ravensburg, haben die Sorge, dass viele Vereine nach der Krise nicht mehr das vielfältige Programm wie vor der Krise aufrechterhalten können.
Die Teilöffnung mancher Bereiche in der vergangenen Woche sei zwar gut, aber löse keine Probleme. „Finanziell bringt das den Vereinen gar nichts“, meint Beck. „Der Aufwand ist viel größer als der Nutzen.“Denn jeder Verein muss einen Hygienebeauftragten benennen, genau auf die Einhaltung der Abstandsregeln und der Hygienevorschriften achten. Und dazu dürfen weder die Vereinsgaststätten noch die Umkleidekabinen öffnen. „Natürlich hat der Schutz der Menschen Priorität“, sagt Beck. „Neben Freiluftsportarten muss aber auch der Hallensport unter Auflagen wieder erlaubt werden.“Daher fordert der Sportkreis, Vereinsangebote wieder zu erlauben. „Mit Augenmaß“, sagt Beck. „Wir fordern nichts Überzogenes.“
Vizepräsident Eberhard Heurich könnte sich vorstellen, den Vereinen ein Jahr lang die Verbandsabgaben zu erlassen. „Das würde den Vereinen direkt helfen“, sagt Heurich. Weit mehr als zwölf Millionen Euro müssen baden-württembergische Vereine in Summe pro Jahr an Abgaben bezahlen. „Bei allen Zahlen und Hilfsangeboten, die derzeit diskutiert werden oder die es schon gibt, müsste das doch eigentlich kein Problem sein“, meint Heurich.
Immerhin: Der Sportkreis Ravensburg
glaubt nicht, dass Vereine die Krise nicht überleben werden. „Vor allem in kleineren Vereinen läuft viel über das Ehrenamt“, sagt Riegger. „Da gibt es keine bezahlten Trainer. Wir werden es mit einem blauen Auge überleben.“Damit aber nicht doch noch eine größere Verletzung aus dem blauen Auge wird, fordern die Sportkreis-Vertreter schnelle Hilfe der Politik. „In anderen Bundesländern gibt es schon Rettungsschirme“, sagt Beck mit Verweis auf Bayern, Nordrhein-Westfalen oder auch Schleswig-Holstein. „Bei uns in Baden-Württemberg kommt der Sport derzeit in keinem Rettungsprogramm
vor.“Dabei hatte die badenwürttembergische Kultus- und Sportministerin Susanne Eisenmann den Sportkreisen vergangene Woche einen Brief geschrieben, der auch der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. Darin heißt es unter anderem: „Wir brauchen jetzt schnell Lösungen zum Wohle des Sports, der Vereine und der vielen Menschen, die dort tätig sind.“Man werde die Sportvereine nicht im Stich lassen und alles daransetzen, dass es kein Vereinssterben geben wird.
Rolf Engler hat den Brief wohlwollend registriert, nicht nur ihm fehlen aber die Maßnahmen. „Meine Sorge ist, dass vor allem die sozial schwachen Kinder leiden“, meint Engler. Auch Heurich fürchtet sich vor einer Abwärtsspirale, wenn es länger keine geregelten Sportangebote gibt. „Schon der Ausfall des Schulsports wirkt sich negativ auf viele Kinder aus. Da müssen wir so schnell wie möglich gegensteuern.“In Zeiten, in denen die Fußball-Bundesliga wieder unter Auflagen spielen darf, müsse ein eingeschränktes Vereinsprogramm auch bei Breitensportclubs wieder möglich sein. „Die Menschen brauchen Bewegung“, sagt Beck. Und die Vereine brauchen wieder ein Vereinsleben.