Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
B 30 soll Ende November fertig sein
Dieser Mann betreut seit Jahren das Riesen-Bauprojekt – Er erklärt, was jetzt noch zu tun ist
RAVENSBURG - Der Ravensburger Joachim Rosinski war noch ein junger Mann und fuhr zum Bauingenieursstudium nach Stuttgart, als er die ersten Bauarbeiten an der „Umfahrung Ravensburg“beobachten konnte. Das war Anfang der 1980erJahre bei Baienfurt-Niederbiegen. Fast 40 Jahre später ist er der Projektleiter, der das Riesen-Vorhaben B 30 fertigstellt. Jetzt rückt auch der Termin für die ersehnte Freigabe des letzten Stücks näher.
„Umfahrung Ravensburg“– damit ist die an der Stadt vorbeiführende Bundesstraße 30 gemeint, ohne die der Verkehr in der Region heute nicht mehr denkbar wäre. Zur Vollendung fehlt nur noch die Fortführung der Straße Richtung Friedrichshafen/Lindau, damit der Nord-SüdVerkehr auch nicht mehr durch die Ravensburger Südstadt fließt.
Im letzten Novemberdrittel sollen nach jetzigem Stand erste Autos über die neue 5,5 Kilometer lange Strecke zwischen Ravensburg Süd und Untereschach/Hegenberg rollen. Die Bauarbeiten erfolgten in drei Abschnitten, in denen noch unterschiedlich viel erledigt werden muss.
Abschnitt 1, noch nicht fertig: Zwischen Ausbauende der B 30 bei Ravensburg Süd bis zum Gewerbegebiet Karrer.
Irgendwo hinter Weißenau endet momentan die Asphaltschicht und die Straße schiebt sich als Kiespiste weiter durch die Landschaft. Eine erste Asphaltschicht soll noch im Juli draufkommen. Dann wird von August bis Mitte September eine 500 Meter lange und bis zu sechs Meter hohe Lärmschutzwand aus Aluminium in Richtung Mariatal aufgebaut. Anschließend kommt die Asphaltdeckschicht auf der ganzen Länge von Ravensburg Süd bis Gewerbegebiet Karrer auf die Straße. Im September soll die Straße fertiggebaut sein, sodass dann Markierungen, Schutzplanken, Leitpfosten und Wegweiser angebracht werden können. So skizziert Rosinski den Zeitplan. Außerdem fehlen in der sogenannten Grundwasserwanne, die unter der Straße und Bahnlinie zwischen Weißenau und Oberzell liegt, noch Pumpen, die bei starken Regefällen eine Überflutung des Stahlbetontrogs verhindern sollen.
Abschnitt 2, fertig und schon befahren: Gewerbegebiet Karrer bis zur Kreuzung mit der B 30 alt
An diesem Abschnitt war aber schon eine Reparatur nötig, nachdem sich die Straße gesetzt hat. Autofahrer merkten es daran, dass sie in Richtung Süden auf die Gegenfahrbahn geleitet wurden. Im Untergrund habe sich noch in drei Metern Tiefe eine sogenannte Moorlinse befunden, die nicht tragfähig war, wie Rosinski erklärt. Auf eine Länge von 50 Metern musste die Straße deshalb wieder aufgerissen und nach Ausbessern des Untergrundes wieder neu aufgebaut werden. Dass so etwas in anderen Teilstücken der neuen Straße auftauchen könnte, wenn der Verkehr rollt und die Straße belastet wird, erwartet Rosinski nicht – „wir sind aber auch keine Propheten“.
Abschnitt 3, fertig, aber noch gesperrt: B 30 alt bis Anschluss an Straße nach Tettnang hinter Untereschach: „An sich ist hier alles fertig“, sagt Rosinski. Die Strecke ist trotzdem seit Monaten gesperrt. „Man könnte den Abschnitt befahren, aber das wollen wir nicht.“Durch die Sperrung werde vermieden, dass sich der Nord-Süd-Verkehr plötzlich gesammelt durch Oberzell wälzt, wo streckenweise Tempo 30 gilt und es enge Straßenabschnitte gibt. Deshalb werde Abschnitt 3 auch erst Ende November eröffnet. Außerdem muss im September noch eine Lärmschutzwand aufgestellt werden, die auf Höhe einer Feldwegüberführung den Verkehrslärm für Obereschach zurückhalten soll.
Am Ende soll die B-30-Fortführung 80 Millionen Euro gekostet haben. Gut sechs Jahre lang wurde daran gebaut, wegen Problemen mit dem Untergrund etwa ein Jahr länger als anfangs erwartet. „Da braucht man schon einen langen Atem“, sagt Rosinski.
Die Vorbereitungen für die Fortführung der Straße ab Ravensburg Süd liegen sogar schon 13 Jahre zurück: „Kurz vor Weihnachten 2006 hat alles begonnen mit der Schussenverlegung“, sagt Rosinski im Rückblick. Die Schussen wurde renaturiert und verschoben. Von der Lage im über Jahrtausende geformten Flusstal her rührt auch der für derartige Bauwerke schwierige Untergrund.
Vorwürfe von Bürgern, die sich auch bei der „Schwäbischen Zeitung“gemeldet und darüber beschwert haben, auf der Baustelle werde nichts gearbeitet, weist Rosinski zurück. „Es wird immer gearbeitet“, sagt er. Auf den drei Kilometern, die sich noch im Bau befinden, sei es durchaus möglich, dass man beim Vorbeifahren an der einen oder anderen Stelle keinen Arbeiter sieht. Beispielsweise wurden in der vergangenen Woche Wildtierzäune und Biberschutzplatten in den Wällen entlang der Straße zur Schussen hin eingebaut.
Rosinski ist froh, dass auf der Baustelle in all den Jahren keine gravierenden Unfälle passiert sind, und hofft, dass es dabei bleibt. Die Eröffnung der B-30-Fortführung dürfte für ihn ein besonderer Tag werden. Mit seinen 61 Jahren stehen ihm zwar noch die letzten Berufsjahre bevor – ein Mammutprojekt wie die B 30 wird er aber nicht noch mal anpacken können.
Das Video eines Drohnenflugs sehen Sie unter www.schwäbische.de/ b30baustelle