Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Neues Buch widmet sich vielfältig dem Bodensee
Neue Publikation des Bodensee-Geschichtsvereins – Kompendium verschiedener Aspekte
RAVENSBURG - Mit 150 einzelnen Kurzbeiträgen von insgesamt 105 Autoren wirkt das neu bei Thorbecke erschienene Bodensee-Buch wie ein Kaleidoskop. Die Sicht auf den Bodensee als zusammenhängende alte Kulturlandschaft von internationaler Bedeutung wird hier aus geologischer und geografischer, aus ökonomischer und kulturwissenschaftlicher sowie aus kunsthistorischer Sicht abwechslungsreich beleuchtet.
Die beiden Herausgeber Harald Derschka und Jürgen Klöckler, Privatdozent und Archivleiter in Konstanz, lobten bei der Vorstellung des Buches, eines Sammelbandes von zwei Jahren Arbeit, dass alle Beiträge pünktlich vorlagen – bei so vielen Mitautoren ist das tatsächlich beachtenswert. Der Numismatiker Derschka gab zunächst einen Einblick in die Arbeit des Bodensee-Geschichtsvereins, eigentlich „Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung“, der sich seit 1868 um die wissenschaftliche Erschließung und die Vermittlung des aktuellen Kenntnisstandes verdient gemacht hat. In seiner „konsequenten Internationalität“und der gemeinsamen Arbeit der drei Länder Deutschland, Österreich und Schweiz liege seine Bedeutung und durch die frühen Förderer wie die Ravensburger Familien Otto Maier und Spohn habe Ravensburg immer eine „tragende Rolle“gespielt.
Glöckler schilderte dann das Vorhaben, das 150-jährige Bestehen des Vereins in einer Publikation zu feiern, um die sich allerdings, meist aus Sonderveröffentlichung Zeitmangel, keiner sonderlich gerissen habe. Aus Ravensburg und Weingarten beteiligten sich außerdem die Archivarin Beate Falk, der frühere Kulturreferent Thomas Knubben und Andreas Schwab, Geograf an der PH, wie der ehemalige Stadtarchivar Peter Eitel erwähnte, der mit der „episodenhaften Erzählung der Geschichte des Bodensees“am Beispiel der Eisenbahnpolitik in Friedrichshafen begann. Bernd Mayer, Leiter des Waldburg-Wolfegg'schen Archivs, schilderte die Einrichtung eines Lazaretts auf Schloss Wolfegg im Jahr 1914 unter dem Fürstenpaar Maximilian und Sidonie und dem Schweizer Arzt August Staehelin, der auf Wolfegg über die eingelieferten Soldaten und seine Operationen mit der Knochensäge sehr genau Buch führte.
Vom „Konstanzer Pfennig“erfuhren die zahlreichen Zuhörer von Derschka: ein hauchdünnes Silberblech mit Wulst und Perlrand, der im 13. Jahrhundert von 18 Prägestätten geprägt wurde. Dass die gesamte Bodenseeregion nach dem Zweiten Weltkrieg einmal hoch hinaus wollte, dass von Otto Feger 1946 der autonome „Schwäbisch alemannische Staat“propagiert wurde und Carlo Schmid in einer Rede im selben Jahr wieder eine „Anti-Preußen-Stimmung“verbreitete, weil ihm persönlich „Berlin zu nahe an Potsdam“liege, brachte Jürgen Klöckler in Erinnerung – regionalen Separatismus gab es eben auch in Oberschwaben.
Harald Derschka und Jürgen Klöckler (Hg.): „Der Bodensee – Natur und Geschichte aus 150 Perspektiven“, Thorbecke 2018, 320 S., Hardcover, 230 Abb., 25 Euro.