Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Männliche Erzieher – Christian Waldraff macht Mut
29-Jähriger hat seit fast einem Jahr die stellvertretende Leitung im Kinderhaus Buch inne
BUCH (rwe) - Mann, Kindergarten, Führungsposition: Mit diesen Attributen stellt Christian Waldraff auch im Jahr 2017 noch eine seltene Spezies dar. Seit Oktober hat er die stellvertretende Leitung im Kinderhaus Meckenbeuren-Buch inne, immerhin die größte Kindertageseinrichtung im Bodenseekreis. „Die Arbeit macht Spaß und bringt mir sehr viel für die eigene Entwicklung“, fasst der in Wilhelmsdorf wohnhafte Waldraff das erste knappe Jahr positiv zusammen.
Ein Jahr, in dem Christian Waldraff nicht nur eine neue Arbeitsstelle antrat, sondern auch die Weiterbildung zum Fachwirt voranbrachte. Denn sich stetig weiterzuentwickeln, hat sich der 29-Jährige ganz oben auf die Fahne geschrieben.
Den Anfang seines beruflichen Werdegangs markierte das Jahr 2009, in dem er in Sigmaringen an der Bertha-Benz-Schule seine Ausbildung zum Erzieher abschloss. Es folgte ein Anerkennungsjahr in der Jugendhilfe - und in diesem Berufszweig „bin ich dann hängengeblieben“, blickt Waldraff im Gespräch mit der SZ zurück. Gestärkt durch zwei Jahre Gruppenleitung und im Willen, Führungsverantwortung zu tragen, bewarb sich Christian Waldraff auf die frei gewordene Stelle im Kinderhaus Buch. Im Herbst des Vorjahres wurde hier in Nachfolge von Jessica Acker die stellvertretende Leitung gesucht - zuständig für den Krippenbereich, aber auch in ständiger Vertretung der Hausleiterin Yvonne Fleig.
„Eher spontan“habe er sich beworben, erinnert sich Waldraff, der zu dieser Zeit bereits die Weiterbildung zum Fachwirt am Institut für soziale Berufe (IFSB) begonnen hatte. Zwei Jahre lang dauert sie – stets freitagnachmittags führt sie ihn im Anschluss an die Arbeitswoche nach Ravensburg. Dies, wenn nichts dazwischenkommt, bis Januar 2019: Dann will Christian Waldraff diesen Lebensabschnitt mit seiner Facharbeit und als „Fachwirt für Organisation und Führung“abschließen – vergleichbar einem Meistertitel im Handwerk.
In Buch ist er mit 40 Prozent Leitungs-Freistellung und 60 Prozent Arbeit in der Krippe ausgestattet. „Das ist anspruchsvoller als ich dachte“, blickt er auf diese Zeit der Mehrfachbelastung und Neuorientierung, nachdem ihm in den sieben Jahren zuvor die Arbeit mit Jugendlichen Freude gemacht und im Vordergrund gestanden hatte. Aber der Wechsel ist das, was er bewusst wollte: „Mir war von Anfang an klar: In dieser Arbeit ist ein hohes Maß an Professionalität erforderlich, und da stecken viele Mitarbeiter dahinter, die ganze Arbeit tun und wesentlich zum Erfolg der Arbeit im Kinderhaus beitragen.“
„Schade“nennt er es, dass es so wenige männliche Erzieher gibt. Denn: „Extrem wichtig“sei es für die Entwicklung von Kindern, dass sie Erzieher beider Geschlechter erleben und von ihnen lernen können. Mitunter spürt Christian Waldraff „das Erstaunen über den Exoten“– was angesichts der Realität durchaus verständlich ist. Obwohl mittendrin in der „Erziehungslandschaft“, kennt auch er nur wenige weitere männliche Erzieher – und keiner davon bekleidet eine Führungsposition.
„Männer machen diese Arbeit nicht anders, nicht besser, nicht schlechter“, ist seine Erfahrung – wobei er exakt alle Tätigkeiten ausübt, wie eine Erzieherin auch. Für sich selbst erlebt Waldraff bislang ausschließlich positive Reaktionen und kann sagen: „Ich habe bei uns im Haus nicht einmal das Gefühl gehabt, dass das Geschlecht ein Problem ist.“
„Verstärkung“erhält Christian Waldraff in diesem Herbst, wenn unter den neuen FSJlern auch ein Mann ist. Insgesamt aber freut sich der 29Jährige, „dass sich viele junge Menschen für diesen Beruf entscheiden“. Vier Auszubildende und vier Personen im Freiwilligen Sozialen Jahr gehören dann zum etwa 45-köpfigen Mitarbeiterstamm. Betreut werden von ihnen derzeit rund 50 Kinder in der Krippe und etwa 100, die über drei Jahre alt sind. Hinzu kommen eine reine Waldgruppe sowie ab dem nächsten Jahr eine elfte Gruppe im Haus.
Was einen hohen Aufwand auch für die Leitenden bedeutet. „Toll“findet es Christian Waldraff, dass hier im Team gearbeitet und die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt wird. „Ich konnte viel nachfragen und habe stets Unterstützung erhalten“, zeigt er sich Yvonne Fleig gegenüber dankbar. Denn schließlich sind es breit gefächerte Aufgabenfelder, die – neben dem „Alltag“in der Krippe – auf ihn zukommen. Stichworte: Finanzen, pädagogische Konzepte, Eltern- und Mitarbeitergespräche oder jüngst noch die Dokumentation rund um die BeKi-Auszeichnung.
Die Vielfalt macht’s. Wie sie sich gerne auch im Geschlechterverhältnis bei Erziehern und Erzieherinnen widerspiegeln darf. Christian Waldraff jedenfalls macht den Männern Mut.