Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Es ging halt nicht
David Storl rätselt nach seinem schlechten Kugelstoßwettbewerb über die Gründe
(SID/sz) - David Storl, dieser 1,98 Meter große und 125 Kilogram schwere Berg von einem Kugelstoßer, wirkte auf einmal sehr zerbrechlich. Müde an ein Gatter gelehnt, suchte er in den Katakomben des Londoner Olympiastadions nach Erklärungen für sein WM-Debakel. Allein, David Storl fand keine. Aus dem einstigen Wunderkind ist ein Sorgenkind der deutschen Leichtathletik geworden. „Ich war mir sicher, dass es klappt. Aber es ging halt nicht“, sagte der 27-Jährige, nachdem sein Traum von der vierten Weltmeisterschaftsmedaille, dem dritten Titel, bereits zur Halbzeit des Finales geplatzt war: „Es war mein drittschlechtester Wettkampf in diesem Jahr, das darf bei einer WM nicht passieren.“
Im Vorjahr hatte der Leipziger nach vielen Verletzungsproblemen Platz sieben bei Olympia in Rio belegt – eine Enttäuschung, aber eine nachvollziehbare. Nun reichte es, nach starker Vorleistung und guter Vorbereitung, nur zum zehnten Platz und nicht einmal zum Endkampf der besten Acht. Mit 20,80 Metern blieb Storl rund einen Meter unter seinem Saisonbestwert, der neue Champion Tom Walsh aus Neuseeland (22,03) sowie Joe Kovacs (USA/21,66) und Stipe Zunic (Kroatien/21,46) auf den weiteren Medaillenrängen wären für einen „normalen“David Storl durchaus in Reichweite gewesen. „Ach, Konjunktiv ist nicht so meine Lieblingssprache“, sagte Storl: „Ich habe einfach einen Scheißwettkampf gemacht. Das ist kein Riesendrama, das kann passieren. Seit 2009 bin ich bei jedem großen Wettkampf dabei, da darf auch mal einer kommen, der mal nicht so gut war.“
Rätsel gibt allerdings die Art und Weise auf, in der Storl dort unterging, wo er 2012 noch Olympiasilber geholt hatte: Der Sachse war fit, glänzte als Zweiter (21,41) in der Qualifikation, nagelte die Kugel im Einstoßen unmittelbar vor dem Finale noch mehrfach an die 22-Meter-Marke – und verlor völlig den Faden, als es ernst wurde.
Storl solle nicht mehr der liebe David sein, sondern „böse“auftreten, hatte ihm sein neuer Mentalcoach Matthias Große, Lebensgefährte von Rekord-Olympionikin Claudia Pechstein, eingeimpft. Ging das gezielte Bemühen um demonstrativ selbstbewusstes Auftreten in London nach hinten los? „Das war kein mentales Problem, sondern eine technische Katastrophe“, sagte Storl.
Vor allem die sportliche Leitung um seinen Trainer Sven Lang muss den wankenden Riesen nun wieder hinbekommen, auch wenn Lang selbst zunächst vor einem Rätsel stand. „Wie will man jemanden nach so einem Wettkampf aufbauen?“, fragte der langjährige Wegbegleiter.
Immerhin: Mit 27 ist Storl für einen Kugelstoßer immer noch jung; und wenn sein notorisch malades linkes Knie (Patellasehne) hält, kann da noch einiges kommen.