Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Auf verlorenem Posten
Fairphone mit Problemen – Idee nachhaltig produzierter Handys steht kurz vor dem Scheitern
- Gute Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter in den Minen, keine Rohstoffe aus Konfliktregionen, Transparenz entlang der gesamten Produktionskette. Die Gründer des Fairphones waren angetreten, um zu zeigen, dass es Alternativen zu Produkten von Apple oder Samsung gibt. Es geht um ein besseres Leben für die Arbeiter in den Produktionsländern und um den Schutz der Umwelt. Elektroschrott wollten die Macher möglichst wenig hinterlassen. Stattdessen sollte jeder sein Mobiltelefon selbst reparieren können und möglichst lange behalten.
Doch jetzt scheint die Idee der Niederländer vor dem Aus zu stehen. Besitzern des Fairphone 1 werden keine Ersatzteile mehr geliefert. „Wir haben alles in unserer Macht stehende getan, um Ersatzteile, wie Akkus zu bekommen“, sagt Bas van Abel, Gründer und Chef von Fairphone. „Leider waren wir nicht erfolgreich.“Die Firma, die gegen die enorme Konkurrenz am Mobilfunkmarkt angetreten war, kommt mit der Idee an ihre Grenzen. Das Problem: An Ersatzteilen werden nur geringe Mengen nachgefragt, etwa mehrere Tausend Teile. Die Produktion wäre schlichtweg zu teuer, sagt van Abel. Außerdem gibt es dem niederländischen Unternehmen zufolge kaum Hersteller, die bei solch einer niedrigen Stückzahl einsteigen wollen.
Damit ist langsam aber sicher das Ende des Fairphone 1 eingeläutet. Eine Niederlage für die Firma soll der bröckelnde Anspruch an mehr Nachhaltigkeit trotzdem nicht sein. Van Abel kennt das Paradox. „Wir wissen, dass wir viele Menschen damit enttäuschen und sie frustriert sind. Aber es war auch für uns eine schmerzhafte Entscheidung“, sagt van Abel. Er spricht von einer schlichten „ökonomischen Realität“.
Und davon, dass am Anfang vor allem der soziale Aspekt, also die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Staaten, aus denen die Rohstoffe kamen, im Vordergrund standen. Etwa in Ghana oder im Kongo. Weniger im Blick hatten die Niederländer die lange Haltbarkeit des Mobiltelefons. Tatsächlich gehörten die Fairphone-Gründer dennoch mit zu den ersten Anbietern, die Ersatzteile aus der Lieferkette angeboten haben. Van Abel spricht zudem einen weiteren Punkt an: Jeder Akku funktioniert irgendwann nicht mehr, eine lebenslange Haltbarkeit gibt es für keines dieser Produkte.
Gründer verweist auf Marktplatz
Wer so lange wie möglich, sein Fairsphone 1 nutzen will – und das befürworten auch van Abel und seine Kollegen – soll sich auf dem Community Marktplatz des Unternehmens umschauen . „Es gibt viele Leute, die ihr Fairphone nicht mehr nutzen und zur Verfügung stellen“, sagt van Abel. Dort werden Einzelteile für Displays, Kamera, Ersatz für Schräubchen oder den Vibrationsmechanismus angeboten, aber auch komplette Handys.
Fairphone ist immer noch eine Ausnahme in der hart umkämpften Mobilfunkbranche. In der Regel bringen die Marktführer einmal im Jahr ein neues Modell heraus – obwohl es technisch kaum Unterschiede gibt. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace kritisieren seit langem, dass die meisten Smartphones alles andere als langlebig sind und den Berg an giftigem Elektroschrott wachsen lassen. Die ausrangierten Geräte landen nicht selten in Entwicklungsländer. Schädliche Substanzen werden weder fachgerecht entsorgt noch gelagert, sondern gefährden die Bevölkerung.
Derzeit arbeiten die FairphoneEntwickler an neuen Modellen. Schließlich konkurrieren auch sie um die Kundschaft, die mit ihren Smartphones nicht nur telefonieren, sondern auch Fotos schießen, ihr Leben verwalten und organisieren will. Wird es ein bald ein Fairphone 3 geben? Van Abel hält sich bedeckt. „Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, fließen auch in die Entwicklung neuer Produkte ein“, sagt er ganz diplomatisch. Sicher ist aber, dass für das Fairphone 2 weiterhin Ersatzteile zu haben sein werden.