Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Uferparkgestaltung wird Folgen haben
Erster Bürgermeister Stefan Köhler spricht über die Zukunft der Friedrichstraße
- Was passiert mit der Friedrichstraße? Dazu und zum Potenzial, das dort noch teils verborgen ist, hat SZ-Redakteur Ralf Schäfer mit dem Ersten Bürgermeister Stefan Köhler gesprochen. Ist die Friedrichstraße tatsächlich die Schokoladenseite der Stadt?
Nur wenige Bereiche auf der Friedrichstraße fallen positiv auf. Von Westen kommend sind das die Neubauten, die Seestadt, die Buchhandlung Gessler 1862 und schließlich das Metzquartier. Kann sich daran der Rest der Straße orientieren?
Die Bereiche am Wasser sind in anderen Städten die Schokoladenseiten der Stadt. Auf der Friedrichstraße setzte vor einiger Zeit der sogenannte Trading-Down-Prozess ein, der an den genannten Stellen schon einmal aufgehoben werden konnte. Das Metz-Quartier zeigt einen starken positiven Effekt, und der wird sich auch auf den Rest der Straße auswirken. Es ist gelungen, den Trading-Down-Prozess, die Negativspirale aufzuhalten. Diese negative Entwicklung setzte vor rund 30 Jahren, zunächst schleichend, dann offensichtlich und ablesbar, ein. Das wird man nicht von heute auf morgen ändern können. Die Metzstraße wird ausschließlich positiv wahrgenommen. Wenn wir die dortige Qualität, die Besucherfrequenz und die Wirkungsweise in die Innenstadt projizieren könnten, dann wäre in Friedrichshafen sehr viel mehr los. Die Metzstraße ist ein Vorzeigegebiet geworden.
Wie könnte sich das auf den Rest der Straße – mit Ausnahme der genannten Bereiche – für die künftige Entwicklung auswirken?
Ich habe von keiner Seite Kritik am Quartier Metzstraße gehört. Ganz im Gegenteil: An diesem Projekt kann man erklären, wie sich eine Straße in einer solchen Lage gut entwickeln kann. Das wird noch besser, wenn die Brücke zwischen der Sedanstraße und dem Quartier gebaut ist. Dann wird die Sedanstraße ebenfalls aufgewertet und aus ihrem Sackgassen-Dasein erlöst. Das ist ein kleiner Aspekt, die Innenstadt zu sanieren. Die Brücke wird auch die Optik der Eisenbahnüberführung kaschieren. Wir brauchen an vielen innerstädtischen Stellen qualitätsvolle Architektur, um die gelegentliche Kritik, unsere Stadt wäre hässlich, im Keim zu ersticken. Das braucht allerdings Zeit und ist nicht von heute auf morgen zu leisten.
Ein weiterer, erst vor kurzem fertig gewordener Bereich an dieser Straße ist die Seestadt. Vor allem zur Bahnseite hin wertet die Architektur die Sicht auf die Stadt sehr auf. Wer durch Deutschland Bahn fährt, sieht Deutschland von hinten. An dieser Stelle ist das jedoch anders.
Das stimmt. Die Seestadt wird sich in Zukunft noch weiter entfalten. Wenn der Uferpark gestaltet ist und der Bahnhofsvorplatz und die Friedrichstraße in die Umgestaltung einbezogen sind, dann wird dieses Quartier noch besser zur Geltung kommen. Hier ist aus einem innerstädtischen Post-Logistik-Standort ein Ort geworden, der heute Wohnungen, Arbeitsplätze, Unternehmen, Dienstleister und Einkaufsmöglichkeiten bietet. Auch die CoWorkingplätze dort zeigen neue Entwicklungen auf. Letzteres, das Zusammenführen von Wohnen und Arbeiten, wollen wir mit der Städtischen Wohnungsbau Gesellschaft auch im Fallenbrunnen realisieren. Die gute Nutzung des Einkaufsmarktes zeigt auch, dass sich ein solcher an dieser Stelle lohnt. Einkaufsverhalten ändert sich und die Anbieter reagieren darauf. In anderen Städten gibt es bereits Discounter, die ganze Quartiere kaufen wollen, um rund um ihre Läden dann eine neue Infrastruktur zu bauen.
Sie sprachen über die Möglichkeiten, die sich mit der Uferpark-Gestaltung ergeben. Wo könnte sich das noch positiv auswirken?
Wenn die Ergebnisse des Wettbewerbes vorliegen und der Uferpark samt Bahnhofsvorplatz und Friedrichstraße neu gestaltet wird, werden auch andere Standorte davon profitieren. Einen sehr guten Ansatz und einen echten Impuls hat das Gessler 1862 gesetzt. Hier gibt es schon jetzt an vielbefahrener Straße eine Außenbestuhlung und die Men- schen gehen dort hin. Um wie viel attraktiver wird dieser Standort, wenn die Straße neu gestaltet ist und weit weniger befahren wird? Von Seiten der Uferparkgestaltung und durch die genannten Leuchttürme auf der Friedrichstraße wird die Entwicklung hier und vielleicht auch an anderer Stelle positiv weitergehen. Wenn sich das Quartier Metzstraße und die Seestadt als Ankerpunkte nicht so gut entwickelt hätten, wie das heute der Fall ist, dann hätte die Negativspirale, von der ich eben gesprochen habe, nicht aufgehalten werden können. Die Entwicklung der Stadt ist glücklicherweise nun auf dem richtigen Weg.