Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Überflüssige Spezialversicherungen
Viele Policen sind teuer und leisten wenig – Für Drohnen oder Hunde ist der Abschluss aber meist Pflicht
- Über peinliche Missgeschicke reden Menschen lieber nicht. Ein Reparaturbetrieb für Mobiltelefone muss jedenfalls häufig Wasserschäden an Geräten beheben, die Gründe für die Vorfälle verschweigen die Besitzer aber zumeist. „Bei jedem zweiten Schaden ist das Handy in die Toilette gefallen“, berichtet der Inhaber über seine Erfahrungen. Vor allem Frauen trügen das Gerät vorzugsweise in der Gesäßtasche der Hose. Da passiere so ein Malheur schnell.
Wasserschäden oder gesplitterte Displays sind die wohl häufigsten Schäden beim Smartphone. Deren Beseitigung kann schnell teuer werden. Bei Apples iPhone 6 zum Beispiel kostet der Austausch des kleinen Bildschirms mehr als 100 Euro. Versicherungen werben deshalb oft erfolgreich für spezielle Handyversicherungen, die dieses finanzielle Risiko angeblich übernehmen. Bis zu drei Millionen Verträge sind es laut einer Schätzung des Verbraucherportals Finanztip.de mittlerweile.
Doch Fachleute stehen diesen Policen skeptisch gegenüber. „Wenig Schutz für viel Geld“, urteilte beispielsweise die Stiftung Warentest. Denn die Versicherung beinhaltet zwar in der Regel Schäden durch Feuchtigkeit oder Fallenlassen. Doch warnen Verbraucherschützer davor, dass die Anbieter sich Hintertürchen offenlassen – zum Beispiel die Verweigerung einer Zahlung bei grober Fahrlässigkeit. Oft werden die Verträge gleich beim Kauf des neuen Smartphones mit angeboten. Davon rät Finanztip ab: „Niemals eine Versicherung direkt beim Handykauf abschließen.“
Die Kosten für eine Police sind Jahresprämien von zehn bis 20 Prozent des Neupreises eines Gerätes recht hoch. Oft komme es zu Streit mit der Versicherung, wenn tatsächlich etwas passiert, das Handy zum Beispiel herunterfällt und nicht mehr funktioniert. „Selten sind die Umstände genau definiert“, betont Finanztip. Die Interpretationsspielräume würden von Versicherungen gerne dazu genutzt, sich aus der Haftung herauszureden. Deshalb raten die Experten vor dem Abschluss einer Police zu einem genauen Studium der Vertragsbedingungen. Dies sei im Geschäft kaum möglich. Besser sei es, die verschiedenen Angebote in Ruhe im Internet zu vergleichen. „Sie sollten alles genau durchrechnen“, empfiehlt mit Cosmos Direkt sogar eine Versicherung selbst.
Versichern lässt sich jedoch nicht nur das in die Kloschüssel gefallene Handy, sondern fast alles. Doch nur in wenigen Fällen ist eine Spezialpolice auch sinnvoll. „Handyversicherungen, Brillenversicherungen oder Reisegepäckversicherungen sind verzichtbar“, sagt die Sprecherin des Bundes der Versicherten (BdV), Claudia Frenz. Einerseits würden Schäden den Kunden nicht in finanzielle Schwierigkeiten bringen, andererseits blieben die Leistungen der Anbieter oft hinter den Erwartungen zurück. „So muss man das Reisegepäck am Bahnhof ständig in der Hand behalten, um Leistungen zu bekommen“, erläutert die Expertin. Ansonsten werde Versicherten grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen.
Viele Schäden sind auch schon durch die Haftpflicht- oder eine Hausratversicherung abgedeckt. Selbst verursachte Defekte zählen allerdings nicht dazu. Ist jedoch ein anderer zum Beispiel für das zerbrochene Display verantwortlich, muss dessen Haftpflichtversicherung für die Kosten geradestehen. Für den Fall, dass dieser nicht versichert ist oder nicht zahlen kann, gibt es bei manchen Haftpflichtversicherungen eine sogenannte Ausfalldeckung, durch die der Schaden dann doch noch reguliert wird. Darauf sollten Verbraucher beim Abschluss achten, sagt Finanztip-Experte Eric Brandmayer, „eine Ausfalldeckung ist absolute Pflicht“.
Policen für teure Instrumente
Bei einigen Spezialversicherungen hängt es von der indivuellen Situation ab, ob sich eine Police lohnt. So hält der BdV sehr teure Musikinstrumente oder professionelle Kameraausrüstungen durchaus für versicherungswürdig. Bei einer Mietkautionsversicherung hängt es nach Einschätzung der Fachleute von den Gegebenheiten ab. „Nicht sinnvoll, außer man kann die Kaution wirklich nicht stellen“, betont Brandmayer. Der BdV rät eher ab. Dabei erscheint das Produkt durchaus attraktiv, vor allem für Mieter mit kleinem Geldbeutel. Dabei übernimmt die Versicherung das Risiko des Mietausfalls gegen Gebühr, die vom jeweiligen Angebot abhängt. Dafür muss der Mieter die Kaution, die oft drei Monatsmieten ausmacht, nicht stellen.
Manche Spezialversicherung ist mittlerweile auch Pflicht. Vom Auto her kennt man es. Hobbypiloten, die Drohnen in den Himmel aufsteigen lassen, müssen sich noch daran gewöhnen. Denn eine Haftpflichtversicherung ist hier obligatorisch. Besitzer sollten zunächst einen Blick in die Bedingungen ihres privaten Haftpflichtvertrages schauen. Einige Policen decken auch Schäden durch kleine Drohnen ab, wenn sie als Spielzeug gewertet werden. „Die meisten Drohnen, die sich für den Betrieb im Freien eignen, dürften rechtlich kein Spielzeug mehr sein“, erklärt Peter Graß vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Die Kosten variieren in der Regel je nach Einsatz der Flugkörper, der Deckungssumme und auch des Startgewichtes.