Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wie viele Sterne bin ich wert?
Mit „Peeple“können Menschen bewertet werden – Die App sorgt schon vor Erscheinen für Furore
- Menschen bewerten wie ein Restaurantessen? Eine neue App soll das möglich machen. „Peeple“ist ein Projekt der beiden Managerinnen Julia Cordray und Nicole McCullough, das im November starten soll. Für reichlich Furore hat es aber schon jetzt gesorgt.
Restaurants, Produkte von Amazon oder Ärzte – all das wird im Internet bewertet. Wie gut war das Essen? Lohnt sich der Kauf? Und: Gehe ich wieder zu diesem Hautarzt? Die Bewertungssysteme im Netz bieten eine nützliche Orientierung und bestimmen oft, was wir kaufen, essen oder gut finden. Kann dieses Prinzip auch bei der Bewertung von Menschen funktionieren?
Peeple funktioniert ähnlich wie „Yelp“– eine Plattform, bei der von Bars über Handwerker und Ärzte alles auf einer Fünf-Sterne-Skala bewertet wird. Bei „Peeple“sollen User künftig den Charakter einer Person mit Sternen bewerten. Ein Stern ist dabei das schlechteste Ergebnis, fünf Sterne die beste Bewertung. Vorausetzung für die Nutzung der App ist ein Facebook- Account und ein Mindestalter von 21 Jahren.
Die Gründerinnen halten Peeple für eine „App der Positivität“
Entwicklerin Julia Cordray macht sich stark für ihre Idee. „Das ist ein Feedback für dich, welches du wirklich zu deinem Vorteil nutzen kannst“, sagte sie der „Washington Post“. Für die Gründerinnen steht fest, dass die Einträge bei „Peeple“nur unser natürliches Verhalten widerspiegeln. Wer freundlich und nett sei, der brauche sich demnach keine Sorgen zu machen. „Peeple“sei „eine App der Positivität“, wie sie selbst sagen.
Vonseiten des Datenschutzes ist die App allerdings höchst problematisch. Beim Bewerten müssen die Nutzer versichern, die Person persönlich zu kennen. Dies geschieht durch die Angabe der Handynummer. Die bewertete Person bekommt dann eine SMS, die über die Aufnahme in die Datenbank informiert. Die Gründerinnen versichern zwar, dass allen Einträgen zugestimmt werden müsse. Kritiker stehen dem aber skeptisch gegenüber. Sie glauben, dass Betroffene möglicherweise keine Chance haben, eine Bewertung zu verweigern.
Doch sind solche Bewertungen überhaupt repräsentativ? Menschen handeln oft impulsiv und emotional: So würde die Ex-Freundin womöglich zwei Sterne bekommen, weil sie die Beziehung beendet hat.
Zudem ist die Idee nicht ganz neu: Viele Dating-Apps wie „Tinder“ar- beiten ähnlich. Personen werden dort nach einem „Ja-Nein-Schema“bewertet. Ob ein Charakter so pauschal erfasst werden kann, ist allerdings fragwürdig.
Erst wird die Kaffeemaschine bewertet, dann der Nachbar
Auch die Gefahr des Mobbings steht bei „Peeple“im Raum. Nutzer können sich im Schutz der App wiegen und Dinge äußern, die sie in einem persönlichen Gespräch nie äußern würden. Eine Studie der Universität Münster und der Techniker Krankenkasse kam im Jahr 2011 zu dem Ergebnis, dass bereits 32 Prozent der Jugendlichen oder jungen Erwachsenen Opfer von Cybermobbing wurden. Womöglich gibt die App Mobbern ein neues Werkzeug an die Hand.
Zudem drängt sich der Gedanke auf, dass Menschen und Objekte gleichgesetzt werden. Ein User kann erst die Kaffeemaschine auf Amazon bewerten und danach dem Nachbarn zwei Sterne geben, weil er den Hausflur nicht geputzt hat.
Entscheidend ist: Wer sieht die Bewertungen – nur Mitglieder von „Peeple“oder jeder? Eine Antwort darauf scheint es bisher noch nicht zu geben.