Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kühl und bisweilen ungeduldig vor dem Kongress
Der US-Chef von Volkswagen bittet die Abgeordneten um Entschuldigung
- Lädt der amerikanische Kongress einen Wirtschaftsmann vor, um einem Skandal auf den Grund zu gehen, kennt er keine Gnade. Ob Toyota nach einer Serie von Sicherheitspannen oder General Motors, der selbstgefällige Autobauer, der mit Milliarden vor dem Bankrott gerettet werden musste: Als sich die Manager den Abgeordneten stellten, wurden sie regelrecht gegrillt. Michael Horn, dem US-Chef von Volkswagen, ging es nicht anders. Am Donnerstag trat er vor dem Energie- und Handelsausschuss des Repräsentantenhauses in den Zeugenstand, um zur Abgas-Affäre auszusagen.
Im Namen seiner Kollegen in Deutschland biete er eine aufrichtige Entschuldigung an, sagt Horn. „Wir haben das Vertrauen unserer Kunden, unserer Händler und Angestellten genauso missbraucht wie das der Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörden.“Er räumt ein, bereits im Frühjahr 2014 von Problemen bei der Einhaltung von Abgaswerten erfahren zu haben. Techniker würden mit der Umweltbehörde EPA kooperieren, um Lösungen zu finden, habe es später geheißen. Aber Betrügereien mit Software, das habe er sich nicht vorstellen können, betont er, bevor er von den Reparaturarbeiten spricht, die man nun mit Hochdruck angehe. 430 000 in den USA verkaufte Dieselfahrzeuge würden mit hohem Aufwand nachgerüstet, wobei mehrere Szenarien denkbar seien, eines davon der Einbau eines speziellen Stickoxid-Katalysators. Mindestens zwei Jahre könne das alles dauern – sobald man eine Lösung habe.
In Worten ging der Hamburger in Sack und Asche, aber das reicht nicht in einem Parlament, das die Mimik echter Reue erwartet. Als ToyotaBoss Akio Toyoda hier um Verzeihung bat, wirkte er, als würde er sich jeden Moment in ein imaginäres Schwert stürzen. Horn dagegen: kühl, bisweilen ungeduldig, wenn eine Frage kam, die er bereits beantwortet zu haben glaubte.
Was auf VW noch zukommen kann, lässt allein schon eine gerade eingereichte Klage West Virginias erkennen, eines Bundesstaats, der sich dem Kapitel schon deshalb mit besonderem Eifer widmet, weil es Wissenschaftler der West Virginia University waren, die den Autobauern auf die Schliche kamen. Für jedes verkaufte Dieselmobil mit Schummel-Software soll VW nun 5000 Dol- lar Strafe zahlen. Obendrein soll es den Kunden erstatten, was diese für „Clean-Diesel“-Modelle im Vergleich zu benzingetriebenen zusätzlich berappten, dazu Entschädigungen zahlen, sowohl für den gesunkenen Wiederverkaufswert als auch für den zu erwartenden Leistungsverlust, der mit der Nachrüstung einhergehen dürfte. An privaten Sammelklagen feilen Dutzende Anwälte.
Joe Barton, ein wirtschaftsfreundlicher Texaner, kann nicht glauben, dass nur eine kleine Gruppe von Technikern von den Tricksereien wusste. „Glauben Sie wirklich, die Topmanager hatten jahrelang nicht die geringste Ahnung?“Da müsse er wohl zustimmen, pflichtet Horn bei. „Es ist in der Tat kaum zu glauben“, auch ihm persönlich falle das schwer.