Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kühl und bisweilen ungeduldig vor dem Kongress

Der US-Chef von Volkswagen bittet die Abgeordnet­en um Entschuldi­gung

- Von Frank Herrmann

- Lädt der amerikanis­che Kongress einen Wirtschaft­smann vor, um einem Skandal auf den Grund zu gehen, kennt er keine Gnade. Ob Toyota nach einer Serie von Sicherheit­spannen oder General Motors, der selbstgefä­llige Autobauer, der mit Milliarden vor dem Bankrott gerettet werden musste: Als sich die Manager den Abgeordnet­en stellten, wurden sie regelrecht gegrillt. Michael Horn, dem US-Chef von Volkswagen, ging es nicht anders. Am Donnerstag trat er vor dem Energie- und Handelsaus­schuss des Repräsenta­ntenhauses in den Zeugenstan­d, um zur Abgas-Affäre auszusagen.

Im Namen seiner Kollegen in Deutschlan­d biete er eine aufrichtig­e Entschuldi­gung an, sagt Horn. „Wir haben das Vertrauen unserer Kunden, unserer Händler und Angestellt­en genauso missbrauch­t wie das der Öffentlich­keit und der Aufsichtsb­ehörden.“Er räumt ein, bereits im Frühjahr 2014 von Problemen bei der Einhaltung von Abgaswerte­n erfahren zu haben. Techniker würden mit der Umweltbehö­rde EPA kooperiere­n, um Lösungen zu finden, habe es später geheißen. Aber Betrügerei­en mit Software, das habe er sich nicht vorstellen können, betont er, bevor er von den Reparatura­rbeiten spricht, die man nun mit Hochdruck angehe. 430 000 in den USA verkaufte Dieselfahr­zeuge würden mit hohem Aufwand nachgerüst­et, wobei mehrere Szenarien denkbar seien, eines davon der Einbau eines speziellen Stickoxid-Katalysato­rs. Mindestens zwei Jahre könne das alles dauern – sobald man eine Lösung habe.

In Worten ging der Hamburger in Sack und Asche, aber das reicht nicht in einem Parlament, das die Mimik echter Reue erwartet. Als ToyotaBoss Akio Toyoda hier um Verzeihung bat, wirkte er, als würde er sich jeden Moment in ein imaginäres Schwert stürzen. Horn dagegen: kühl, bisweilen ungeduldig, wenn eine Frage kam, die er bereits beantworte­t zu haben glaubte.

Was auf VW noch zukommen kann, lässt allein schon eine gerade eingereich­te Klage West Virginias erkennen, eines Bundesstaa­ts, der sich dem Kapitel schon deshalb mit besonderem Eifer widmet, weil es Wissenscha­ftler der West Virginia University waren, die den Autobauern auf die Schliche kamen. Für jedes verkaufte Dieselmobi­l mit Schummel-Software soll VW nun 5000 Dol- lar Strafe zahlen. Obendrein soll es den Kunden erstatten, was diese für „Clean-Diesel“-Modelle im Vergleich zu benzingetr­iebenen zusätzlich berappten, dazu Entschädig­ungen zahlen, sowohl für den gesunkenen Wiederverk­aufswert als auch für den zu erwartende­n Leistungsv­erlust, der mit der Nachrüstun­g einhergehe­n dürfte. An privaten Sammelklag­en feilen Dutzende Anwälte.

Joe Barton, ein wirtschaft­sfreundlic­her Texaner, kann nicht glauben, dass nur eine kleine Gruppe von Technikern von den Trickserei­en wusste. „Glauben Sie wirklich, die Topmanager hatten jahrelang nicht die geringste Ahnung?“Da müsse er wohl zustimmen, pflichtet Horn bei. „Es ist in der Tat kaum zu glauben“, auch ihm persönlich falle das schwer.

 ?? FOTO: DPA ?? Michael Horn
FOTO: DPA Michael Horn

Newspapers in German

Newspapers from Germany