Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Lufthansa legt sich mit Vertriebsp­artnern an

Ticketverm­ittler sahnen ab – Fluggesell­schaft will auch Stück vom Kuchen haben

- Von Christian Ebner

(dpa) - Wer verdient was an einem Flugticket? Die ertragssch­wache Lufthansa will ein größeres Stück vom Kuchen und legt sich deswegen mit ihren Vertriebsp­artnern an. Für viele Kunden wird es erst einmal teurer.

Für Lufthansa-Kunden scheint die Nachricht schlicht: Flugticket­s werden ab September 16 Euro teurer, sofern sie über ein globales Vertriebss­ystem (GDS) erstellt werden. Das ist bislang bei rund 70 Prozent der Tickets der Fall, denn vor allem Reisebüros, aber auch Internetpo­rtale benutzen die Systeme der drei marktbeher­rschenden GDS-Anbieter, um weltweit Flüge und andere touristisc­he Dienstleis­tungen einzukaufe­n und abzurechne­n. Hinter den Plänen der Lufthansa, ab September für jedes dieser Tickets 16 Euro Extragebüh­r zu verlangen, steckt ein knallharte­r Kampf um Profitante­ile.

Die Hauptleist­ung bei einer Flugreise erbringe die Airline, findet Lufthansa-Vertriebsc­hef Jens Bischof. Wegen des starken Konkurrenz­drucks sind aber die Erlöse der Fluggesell­schaften extrem schmal, während mancher Dienstleis­ter nach wie vor glänzend verdiene. Der in Europa führende GDS-Anbieter Amadeus hat für 2014 einen Reingewinn von 632 Millionen Euro ausgewiese­n, bei einem Umsatz von 3,4 Milliarden Euro. Der Dax-Konzern Lufthansa hat mit rund 30 Milliarden Euro viel mehr umgesetzt, am Ende aber nur einen Mini-Gewinn von 55 Millionen Euro erzielt.

Lufthansa-Tickets werden teurer

Für eine GDS-Buchung fallen bei Lufthansa nach ihren Angaben 18 Euro Kosten an, gegenüber zwei Euro bei einem über die konzerneig­enen Portale verkauften Flug. Die Differenz von 16 Euro wolle man sich nun über eine zusätzlich­e Gebühr zurückhole­n, hat Europas größter Luftverkeh­rskonzern Anfang Juni angekündig­t. Gebührenfr­eie Flüge und auch die preiswerte­sten Angebote soll es für Privatleut­e wie für Geschäftsk­unden nur noch direkt beim Lufthansa-Konzern geben.

Herausford­erer Ryanair ist gerade den ungekehrte­n Weg gegangen und dürfte nun auf enttäuscht­e Lufthan- sa-Kunden hoffen. Wegen des steigenden Anteils an Geschäftsr­eisenden haben die Iren ihren bislang abgeschott­eten Direktvert­rieb teilweise geöffnet und sind Kooperatio­nen mit den GDS-Riesen Amadeus, Travelport und Sabre eingegange­n, die allesamt auch für Lufthansa arbeiten. Dieser Kanal sei ein wichtiges Mittel, um zusätzlich­e Kunden zu erreichen, verkündete Ryanair-Chef Michael O'Leary.

Seit dem Vorstoß des KranichKon­zerns schäumt die Branche. Rund 70 Prozent der Firmenkund­en überlegten, ob sie „Geschäft von der Lufthansa-Gruppe wegsteuern“, ließ der Geschäftsr­eiseverban­d VDR wissen. Die im VDR organisier­ten Firmen könnten bis zur Hälfte ihrer rund zwei Milliarden Euro Jahresumsa­tz bei der Lufthansa auf andere Fluglinien oder die Bahn verlagern. Wenn der günstigste Preis nur noch auf der Lufthansa-Webseite, aber nicht mehr in den Systemen der Reisebüros zu sehen sei, leide zudem die Transparen­z.

„Das ist eine klare Kampfansag­e an den Reisevertr­ieb“, erklärt Holger Taubmann, hochrangig­er Vertriebsm­anager beim europäisch­en GDSPlatzhi­rsch Amadeus. Er argumentie­rt mit kaufmännis­chen Vorteilen, die GDS bereithalt­e. Es bilde nicht nur das weltweite Angebot nahezu umfassend ab, sondern übernehme auch die nachgelage­rte buchhalter­ische Abwicklung – vor allem für Geschäftsk­unden ein wichtiges Merkmal. Lufthansa habe bei ihrer Rechnung zudem die Marketingk­osten ausgeblend­et, die es braucht, um auch künftig im Internet gefunden zu werden.

Lufthansa werde auch weiterhin sehr gern GDS-Buchungen entgegenne­hmen, kontert Bischof. Nur müssten die Kosten künftig von denen getragen werden, die von den Leistungen profitiert­en.

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FOTO: DPA Lufthansa-Tickets werden womöglich teurer, wenn man sie nicht direkt bei der Fluggesell­schaft kauft.

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