Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Selbstmordattentat in der Türkei
Terroranschlag in Suruc bei Solidaritätsaktion mit Syrien – mindestens 30 Tote
(dpa) - Bei einem schweren Terroranschlag sind in der türkischen Stadt Suruc an der Grenze zu Syrien mindestens 30 Menschen getötet und rund 100 verletzt worden. Der Gouverneur der Provinz Sanliurfa sagte nach Angaben der Zeitung „Hürriyet“, ein Selbstmordattentäter habe die Tat begangen. Die prokurdische Partei HDP machte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für den Anschlag verantwortlich. Der IS hat in großen Teilen Syriens und des Iraks ein Kalifat ausgerufen.
(dpa) - Sie kamen aus den türkischen Städten Istanbul, Izmir und Adana und sie wollten nach Syrien, um zu helfen. Doch was als Solidaritätsaktion begann, endete in einer Katastrophe. Am Montag starben mindestens 30 Menschen - überwiegend Jugendliche - bei einem Anschlag in der türkischen Stadt Suruc an der Grenze zu Syrien. Rund hundert Menschen wurden verletzt.
Die Hintergründe waren am Montagabend noch unklar. Der Gouverneur sprach von einem Selbstmordangriff, die Regierung von einem „Terroranschlag“. Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP beschuldigte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die im benachbarten Syrien und im Irak riesige Gebiete beherrscht.
Mit dem Amara-Kulturzentrum haben sich der oder die Täter einen Ort ausgesucht, der vor allem für Solidarität steht. Das Zentrum wird von der kurdischen Stadtverwaltung betrieben. Im vergangenen September war das Zentrum ein Anker für tausende Flüchtlinge, die vor Kämpfen im syrischen Kobane nach Suruc flohen. Sie erhielten erste Versorgung, Essen und Unterkunft. Im Bezirk Suruc wurde außerdem ein Lager für Tausende Flüchtlinge aufgebaut.
Opfer wollten nach Kobane
Auch die rund 300 Jugendlichen und Opfer des Attentats kamen im Kulturzentrum unter. Sie waren Anhänger der sozialistischen Organisation SGDF und wollten nach Kobane reisen, um die Stadt wieder aufzubauen. Nach der Belagerung durch den Isla- mischen Staat war diese fast vollständig zerstört worden. Die SGDF hegt Sympathien für die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG), die in Syrien gegen den IS kämpfen. Auch das nährt Spekulationen in der kurdischen Bevölkerung, dass der Anschlag ein Racheakt der Terrormiliz sein könnte.
Obwohl Ankara sich immer wieder vom IS distanziert hatte, herrscht großes Misstrauen. Die Kurden fühlen sich alleine gelassen, als Kobane im vergangenen Jahr vom IS belagert wurde. Eine Terrororganisation an den Grenzen sei der Türkei lieber als ein kurdisches Autonomiegebiet, so der Vorwurf vieler.
Die YPG kontrolliert Hunderte Kilometer entlang der Grenze zur Türkei. Sie ist eng mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden. Die türkische Regierung befürchtet daher, dass die Kurden in Syrien einen eigenen Staat ausrufen und damit die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden im eigenen Land anheizen könnten.
Ende Juni machte Erdogan erneut klar, dass die Türkei keinen Kurdenstaat im Norden Syriens dulden werde. Zuletzt verstärkte er die militärische Präsenz an der Grenze und Medien spekulierten über einen Einmarsch der Türkei in Syrien. Außenwie innenpolitisch steht die Türkei vor unruhigen Zeiten. Nach der Parlamentswahl am 7. Juni konnte noch immer keine Regierung gebildet werden. Sollten die Koalitionsgespräche scheitern, könnte es im November zu Neuwahlen kommen.