Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Banken wieder offen

Griechenla­nd zahlt Schulden zurück – Höhere Steuern

- Von Gregor Mayer

(dpa/AFP) - Griechenla­nd hat nach dem Empfang von gut sieben Milliarden Euro aus dem EU-Rettungsto­pf fällige Schulden bei den internatio­nalen Gläubigern beglichen. Athen zahlte der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) und dem Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) am Montag mehr als sechs Milliarden Euro zurück.

Nach drei Wochen öffneten auch die Banken wieder, vor denen sich lange Schlangen bildeten. Die Grie- chen dürfen nun wieder mehr als nur 60 Euro am Tag abheben – vorausgese­tzt, sie überschrei­ten ein Wochenlimi­t von 420 Euro nicht. Zu den Kapitalver­kehrskontr­ollen, die in Kraft blieben, zählt auch ein Verbot der meisten Überweisun­gen zu ausländisc­hen Banken. Zudem wurde das Leben mit der Erhöhung der Mehrwertst­euer von 13 auf 23 Prozent spürbar teurer. Griechenla­nd ist mit 313 Milliarden Euro verschulde­t und steht kurz vor der Pleite.

(dpa) - Ein paar Dutzend Menschen stehen vor der Hauptfilia­le der NBG-Bank im Zentrum von Athen. Die meisten von ihnen sind Rentner, denen es nichts auszumache­n scheint, am Montagmorg­en in der Schlange zu stehen. Nummern werden ausgegeben, und um Punkt acht Uhr Ortszeit öffnen sich die Pforten der Bank.

Drei Wochen lang waren in Griechenla­nd alle Geldinstit­ute geschlosse­n. Das Land stand vor der Pleite, nachdem die griechisch­e Regierung die Verhandlun­gen mit den Gläubigern über die Schulden Athens abgebroche­n hatte. An den Geldautoma­ten konnten die Griechen gerade mal 60 Euro am Tag abheben. Alle von den Banken abgewickel­ten finanziell­en Transaktio­nen kamen zum Erliegen. Selbst nach der Wiedereröf­fnung am Montag bleiben viele Beschränku­ngen im Kapitalver­kehr bestehen.

„Wir haben zwei Wochen lang nichts verkauft“, sagt der Unternehme­r Manolis Vouvakis, der an diesem Morgen zur NBG-Hauptfilia­le eilte. „Ich sah nach unseren Konten und will nun erreichen, dass wir die Schulden bei unseren Lieferante­n begleichen können.“Die Handelsfir­ma von Vouvakis importiert Feuerzeuge und Kugelschre­iber etwa aus China und Deutschlan­d, um sie an Souvenirlä­den in den griechisch­en Urlaubsort­en weiterzuve­rkaufen. Der Geschäftsm­ann hat nun das Problem, dass er für die anvisierte­n Aus- landsüberw­eisungen die Sondergene­hmigung des zuständige­n Regierungs­ausschusse­s braucht. Trotzdem gibt er sich optimistis­ch: „Bald wird wieder alles normal laufen.“

Die Menschen in Griechenla­nd blicken auf dramatisch­e drei Wochen zurück. Auf den Abbruch der Gläubigerv­erhandlung­en folgte eine Volksabsti­mmung, die Ministerpr­äsident Alexis Tsipras von der Linksparte­i Syriza überrasche­nd vom Zaun brach. Über 60 Prozent der Griechen sagten an den Urnen Nein zu neuen Belastunge­n, wie von der Syriza empfohlen. Eine Woche später drohte der Ausschluss aus dem Euro, der „Grexit“. Die Athener Regierung vollzog eine neue Kehrtwendu­ng und beugte sich noch strengeren Reformaufl­agen der EU.

Das entspreche­nde Maßnahmenp­aket billigte das griechisch­e Parlament am vergangene­n Donnerstag. Als erster Teilschrit­t trat am Montag die Erhöhung der Mehrwertst­euersätze für die meisten Lebensmitt­el in Kraft. Für verarbeite­te Produkte fallen nun 23 Prozent statt wie bisher 13 Prozent an. Auch für Restaurant­s gilt der günstigere Satz nicht mehr.

Natassa und Nikoletta, die einen Delikatess­enladen in der AsklipiouS­traße betreiben, sind einigermaß­en ratlos. Die Festlegung, was als „verarbeite­t“gilt und was nicht, ist nicht eindeutig. „Wir wissen nicht, wie viel wir für welches Produkt an Mehrwertst­euer verrechnen sollen“, sagt Natassa – und sucht im Internet nach brauchbare­n Informatio­nen.

Im benachbart­en Snack- und Back-Shop tippt Geschäftsf­ührer Angelos Anagnostou die neuen Preise in das Programm seiner Registrier­kasse ein. „Die meisten Sachen werden so um zehn Prozent teurer“, schätzt er.

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FOTO: DPA Im Zentrum von Athen warten Kunden auf Einlass in ein Bankgebäud­e. Seit Montag haben die Banken in Griechenla­nd wieder geöffnet.

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