Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der Duft der Dünenrosen
Schon der Anblick dieses Buches weckt Urlaubsgefühle: Dünengras vor Meeresblau, zwei Möwen schweben über dem Titel. Der Luchterhand-Verlag spekuliert auf die Strandleser der Saison und solche, die vom Lesen am Strand nur träumen können. Christiane Neudecker, die sympathische junge Regisseurin und Schriftstellerin aus Berlin, hat eine „Sommernovelle“geschrieben und führt uns mit viel sprachlicher Emphase auf eine Nordseeinsel: „Die Luft war durchzogen von Salzdunst und vom Duft aufspringender Dünenrosen, sie vibrierte unter dem Summen der Bienen ...“
Bald weht der Wind, die Wellen brausen, doch das Drama bleibt aus. Ein junges Mädchen, Panda genannt, und ihre idealistische Freundin Lotte machen 1989 ein Praktikum auf einer Vogelstation, die von Rentnern und Studenten betreut wird. Es geht um Teenager-Freundschaft, Schwarmverhalten, Liebelei und die Lebenslügen eines tyrannischen Professors ohne Forschungsauftrag. Könnte ein Krimi werden, ist aber keiner. Lediglich der Sandflieder wird von Sturmböen gemeuchelt, „bis an den hin- und hergeworfenen Blattunterseiten die ausgeschwitzten Salzkristalle von den Drüsen brachen“. Die Wahrnehmung nebensächlicher Details ist ja ein Phänomen, das die Muße mit sich bringt. Womit wir wieder bei den Urlaubsgefühlen wären. Die eigenwillige „Sommernovelle“passt durchaus ins Gepäck.