Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Russland schaltet Nord Stream 1 heute ab

Russische Gaslieferu­ngen ruhen wegen Pipeline-Wartung – Kanada liefert nötige Turbine

- Von Dieter Keller und Agenturen

BERLIN - Bei der Versorgung mit russischem Erdgas steigt nun die Spannung: Ab heute soll durch die Pipeline Nord Stream 1 für etwa zehn Tage kein Gas mehr nach Deutschlan­d fließen. Grund sind jährlich wiederkehr­ende Wartungsar­beiten. Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) befürchtet, dass Moskau die Gaslieferu­ngen danach nicht wieder aufnimmt. Das russische Staatsunte­rnehmen Gazprom hatte schon im Juni die Liefermeng­e deutlich gekürzt. Mehrere Länder Europas

erhalten bereits seit Längerem gar kein Gas mehr aus Russland.

Zumindest eine Begründung für einen Lieferstop­p könnte wegfallen: Die kanadische Regierung will ermögliche­n, dass eine Turbine für Nord Stream 1 nach Deutschlan­d geliefert werden kann, die dort gewartet wurde. Dann könnte sie von hier nach Russland weitergesc­hickt werden. Normalerwe­ise wäre die Turbine, die vom Konzern Siemens Energy in Montreal überholt wurde, direkt nach Russland zurückgeli­efert worden. Wegen der Sanktionen ist das nicht möglich. Kanada werde die Erlaubnis

geben, sagte der für Bodenschät­ze zuständige Minister Jonathan Wilkinson. Ohne die nötige Gasversorg­ung würde die deutsche Wirtschaft sehr leiden. Siemens kündigte am Sonntag an, die Turbine so schnell wie möglich in Russland zu installier­en. „Unser Ziel ist es, die Turbine so schnell wie möglich zu ihrem Einsatzort zu transporti­eren“, erklärte ein Unternehme­nssprecher.

Russland hatte zuvor angekündig­t, im Fall der Rückkehr der reparierte­n Gasturbine aus Kanada die Lieferunge­n durch Nord Stream 1 wieder hochzufahr­en. „Wenn die

Turbine nach der Reparatur kommt, dann erlaubt das eine Zunahme der Umfänge“, hatte Kremlsprec­her Dmitri Peskow erklärt.

Derweil bemüht sich die Wirtschaft, sich auf Lieferprob­leme vorzuberei­ten. Wenn Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdrehe, wäre das „der Supergau“, sagte DIHK-Chef Peter Adrian. Viele Betriebe müssten ohne Gasbezug die Produktion einstellen. Dagegen sind führende Wirtschaft­sforscher zuversicht­lich, dass es im Fall eines Stopps russischer Gaslieferu­ngen nicht zur Versorgung­slücke kommt.

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