Fachwerkhaus für fünf Millionen Euro
Sie fehlen bei keiner Ulm-Stadtführung: Ulmer Münz und Schmales Haus sind zu haben
ULM - Es ist das Gebäude, das direkt mit dem berühmten Spruch „Ulmer Geld regiert die Welt“verbunden ist: die Ulmer Münz. Ein Fachwerkhaus im Ulmer Fischerviertel, direkt gegenüber dem nicht weniger bekannten Schiefen Haus, das von 1620 bis 1624 die Münzstätte der Reichsstadt war. Heute befindet sich in ihm eine Gaststätte und es ist ein geschütztes Kulturdenkmal. Und ein Verkaufsobjekt. Genauso wie das Schmale Haus.
Die Ulmer Münz, im Jahr 1987 entkernt und grundsaniert, steht bei Immobilien Tentschert für 4,99 Millionen Euro zum Verkauf. Viel Geld für ein Haus mit dem Baujahr 1550, könnte man sagen. Der Käufer bekommt vielleicht ein wenig fortschrittliches Energiekonzept, doch dafür jede Menge Geschichte.
Eine regelrechte Münz-Massenproduktion habe hier im Mittelalter stattgefunden, ist nachzulesen. Diese wurde im Haus eines Färbers, der heutigen Ulmer Münz untergebracht, nachdem die erste Münz zu klein geworden war. 1624 legte ein Verbot die Ulmer Münzbetriebe lahm. Das Haus an der Schwörhausgasse 4 verlor seine Funktion als Münze. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges kam nach Angaben von Tentschert Immobilien zumindest das Obergeschoss mit dem Renaissance-Fachwerk hinzu. Nach der Verlegung der Münze diente es unterschiedlichen Zwecken. Bis 1900 war laut Tentschert in ihm eine Rollgerstenfabrik untergebracht und diente als Schleif- und Ölmühle. In den Jahren 1987/1988 erfolgte eine Renovierung, wobei auch das frühere Fachwerk wieder freigelegt wurde. Auch das Schmale Haus hat eine lange Geschichte: Erbaut 1700 ist es aber regelrecht ein Jungspund im Vergleich
zu der Ulmer Münz. Und mit 2,79 Millionen Euro auch deutlich günstiger.
Das wohl schmalste Hotel in Ulm befindet sich im Zentrum des historischen Fischerviertels, und wetteifert mit dem Schiefen Haus um den Titel des kuriosesten Hotels in Ulm. Auf einer Breite von nur 4,63 Metern bei einer Länge von 16 Metern sind hier sechs Zimmer untergebracht – mit Namen wie Einstein, Ulmer Spatz oder Schneider von Ulm, der 45 Quadratmeter großen Suite. Zudem gibt es drei Appartements für längere Aufenthalte.
Besuchenden fällt im mehrfach renovierten Gebäude die originale
Stuckdecke im Eingangsbereich auf, die auf den Zeitraum um 1600 datiert wird. An Gästen fehlt es dem Hotel nicht, wie der zuständige TentschertMakler Yalin Korukoglu auf Nachfrage sagt: „Das Hotel läuft hervorragend.“Durch eine Vielzahl an Stammgästen sei es auch vergleichsweise gut durch die Corona-Zeit gekommen.
Es sei der Wunsch des Hotelbetreibers, dass das Hotel bestehen bleibt. Eine Verpflichtung sei das freilich nicht. Hotelbetreiber und Besitzer des Schmalen Hauses sowie der Ulmer Münz ist der Unternehmer Jochen Bauer. Zu den Gründen für den Verkauf beider Denkmäler wolle er sich nicht äußern.
Dem Ulmer Makler Korukoglu macht es „viel Spaß“, Käufer und Käuferinnen für derartige Denkmäler zu suchen. „Das kommt nicht oft vor.“Statt um Energieausweise – von denen Denkmäler nämlich grundsätzlich befreit sind – gehe es um Charme und Geschichte.
Es gebe „durchaus Nachfrage“nach den Häusern. Ernsthafte Gespräche würden laufen. Doch in Anbetracht der Millionensummen sei das Interesse freilich nicht übermäßig groß. Korukoglu vermute, dass letztlich Liebhaber aus der Region die Sehenswürdigkeiten kaufen. Sie seien durchaus gute Investitionen, doch wer schnelle Rendite bevorzuge, greife kaum zu denkmalgeschützten Gebäuden. Denn: Bauliche Veränderungen sind hier kaum möglich.