ZF befürchtet Verbrennerverbot ab 2025
Südwest-Wirtschaftsministerin kritisiert Abgaspläne der EU – Erste Entscheidung im Juni
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RAVENSBURG - Die künftigen Abgasgesetze der Europäischen Kommission könnten ein faktisches Verbot für konventionelle Motoren bedeuten. Davor warnt der Friedrichshafener Autozulieferer ZF. „Je nach Verschärfung kämen die Vorgaben einem Verbot von Verbrennungsantrieben durch die Hintertür gleich“, sagt ZFChef Wolf-Henning Scheider im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Das ist nicht in Ordnung.“
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut teilt die Angst der für den Südwesten so wichtigen Autoindustrie. In einem Brief an mehrere Abgeordnete des europäischen Parlaments aus dem Südwesten, der der
„Schwäbischen Zeitung“vorliegt, kritisiert die CDU-Politikerin, dass die geplanten Grenzwerte und Randbedingungen der künftigen Abgasregeln den Bezug zu den „tatsächlich relevanten Fahrbedingungen“verliere und nicht mehr aus den Anforderungen an die Luftqualität abgeleitet werden. Hoffmeister-Kraut fordert eine Fortschreibung der Abgasregulierung, die „die Wirtschaft und die Gesellschaft nicht überfordert“.
Hintergrund der Warnungen ist, dass die EU-Kommission bis Ende 2021 einen Plan für die Abgasgesetzgebung Euro 7 vorlegt. Dafür hat sie beim von der EU gegründeten Konsortium für Niedrigstemissionsfahrzeuge (Clove) eine Entscheidungsgrundlage angefordert, von der erste Zwischenergebnisse vorliegen. Darin werden vorhandene Grenzwerte gesenkt, Grenzwerte für bislang nicht regulierte Schadstoffe gesetzt sowie die Bedingungen für die Abgastests verändert. Zudem diskutiert die Expertengruppe Agves zurzeit letzte Details für eine Studie, die in die Entscheidung der EU mit einfließen soll.
Das Problem für die Industrie sind dabei nicht die strengeren Grenzwerte oder die Regeln für weitere Schadstoffe, sondern die veränderten Teststandards, wie Thomas Koch, Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie, erklärt. Gefordert werde, dass die Autos schon auf den ersten Metern, bei großer Kälte, unter Volllast und mit Anhänger ein Schadstoffniveau unterhalb der Messgenauigkeit der Messgeräte erreichen. „Nicht der
Grenzwert ist entscheidend, sondern die Randbedingungen, unter denen er erreicht werden muss“, sagt Koch auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. „Es gibt kein einziges Verbrennerfahrzeug, das den Clove-Entwurf auch nur ansatzweise heute schafft.“
Die Kommission betont auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. „Wir werden allen Argumenten zuhören und eine umfassende Folgenabschätzung aller Vorschläge bis Juni vorbereiten“, hatte EU-Vizepräsident Frans Timmermans nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern im November gesagt. Die neue Norm soll für Neuwagen gelten, die von 2025 an auf den Markt kommen.
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