Grandiose Schlichtheit
Eine Graphic Novel erzählt die wilde Geschichte der amerikanischen Ausdruckstänzerin Isadora Duncan
● iese Füße! Nackt sind sie, und riesig wirken sie – der Comic darf ein bisschen übertreiben. Aber das ist im Wortsinn die Basis dieser neuen Kunst: Isadora Duncan hat ihr Publikum zuallererst dadurch schockiert, dass sie barfuß aufgetreten ist. Spitzenschuhe fand sie fürchterlich, genauso wenig mochte sie Trikots und Tutus. Doch was die einen eher gewöhnlich und ordinär fanden, war für die anderen aufregend, erotisch, supermodern. Wie sich die Duncan selbst erfunden und durchgesetzt hat, schildern Julie Birmant und Clément Oubrerie in ihrer neuen Graphic Novel „Isadora“.
Das kulturaffine Paar zählt in Frankreich zu den Stars der BandeDessinée-Szene, in Deutschland sind die beiden durch ihre „Pablo“-Tetralogie aufgefallen. Rotzfrech nähern sich die Autorin und der Zeichner dem jungen, noch völlig unbekannten Picasso aus der Perspektive seiner ersten Muse Fernande Olivier. Die findet den „untersetzten kleinen Spanier mit seiner Gockelbrust“zunächst ganz abscheulich. Aber dann schlägt der Blitz ein, und man pendelt zwischen Bett, Staffelei und Opiumhöhle, so, wie sich das auf dem Montmartre kurz nach 1900 eben gehört.
In dieser Zeit macht auch Isadora in Paris von sich reden. Und wie bei Picasso ist die finanzielle Not ihre ständige Begleiterin. Doch so ganz in die Bohème taucht sie nicht ein. Die Amerikanerin ist schließlich mit Mutter, Bruder und Schwester im Schlepptau über London auf den alten Kontinent gekommen. Hungrig
Dnach Bildung durchkämmt man erst einmal die Museen, und Isadora träumt in den Antikensammlungen vom Olymp und der schlauen Athene, die – herrliche Geschichte – eine Mission für sie hat: Die Menschheit soll sich wieder an die Göttin erinnern, die „eine grandiose Schlichtheit kennzeichnet und mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht“.
Für die Duncan wird das zum Programm, bekanntlich ließ sie sich von griechischen Vasenbildern inspirieren. Mit der Familie zog sie 1903 sogar für eine Zeit nach Athen, und besonders Bruder Raymond teilt ihre Liebe zu den alten Griechen. Vor allem aber wird die Begegnung mit dem Werk des Bildhauers August Rodin zu einem Schlüsselerlebnis.
Der „Titan“gewährt Audienz und ist nicht nur am Tanz der geheimnisvollen Künstlerin in ihrer Tunika interessiert: „Ah, die Natur soll man nicht bestaunen, sondern durchdringen.“Das sind die typischen kleinen Seitenhiebe aus der Werkstatt Birmant-Oubrerie. Auch Loïe Fuller, die legendäre und in Wirklichkeit recht füllige Schleiertänzerin, macht ihr