Volkshochschule blickt in sichere Zukunft
Angebote müssen sich weiterentwickeln – Gute Rücklagen sichern Betrieb für rund zwei Jahre
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LAICHINGEN/BLAUBEUREN/ SCHELKLINGEN - Bisher kommt die Volkshochschule Blaubeuren-Laichingen-Scheklingen gut durch die Corona-Krise. Das liegt an der sehr großen Nachfrage nach VHS-Angeboten und auch daran, dass die Einrichtung aufgrund ihres umfangreichen Hygienekonzepts und der Umstellung auf digitale Angebote bislang keinen Coronafall verzeichnen musste. Darüber hinaus hat die VHS in den vergangenen Jahrzehnten gut gewirtschaftet und kann mit ihren Rücklagen mittelfristig in eine gesicherte Zukunft blicken sowie kurzfristige Einnahmeausfälle kompensieren. Trotzdem müsse sich die Einrichtung stetig weiterentwickeln, um attraktiv zu bleiben, erklärt Ilse Fischer-Giovante, Leiterin der VHS.
„Momentan bin ich noch sehr ruhig“, sagt Laichingens VHS-Leiterin. Finanziell sei die Volkshochschule noch mindestens zwei Jahre gesichert, auch wenn der Betrieb unter Corona-Bedingungen weiterlaufen müsste. Die Rücklagen, welche die Einrichtung in Jahrzehnten zusammengespart hat und die möglicherweise irgendwann für den Kauf von eigenen Räumlichkeiten hätten eingesetzt werden sollen, lassen Ilse Fischer-Giovante ruhig schlafen, obwohl die Einnahmen doch deutlich zurückgegangen sind. Zwar hätte auch die VHS Blaubeuren-Laichingen-Schelklingen im März eine Entschädigungszahlung von Bund und Land erhalten, diese hätte aber keinesfalls den Ausfall gedeckt. „Wir sind als VHS ein Wirtschaftsunternehmen, wir werden weder vom Staat noch von der Kommune bezahlt. Deshalb müssen wir darauf achten, was rein kommt und was raus geht“, so Ilse Fischer-Giovante.
Obwohl vieles ausfällt oder verschoben ist, sei weder die Stimmung bei ihren Dozenten noch den Kursteilnehmern schlecht. Die meisten zeigen Verständnis, beharren nicht auf einer sofortigen Rückzahlung von Kursbeiträgen beziehungsweise auf der Auszahlung von Honoraren für ausgefallene Veranstaltungen.
Das Interesse für das Herbstsemester war bei den Teilnehmern indes, bevor es zum erneuten TeilLockdown kam, ungebrochen groß. Das Angebot habe wieder alle Altersgruppen angesprochen. Dadurch verzeichnete die Einrichtung deutlich mehr Anmeldungen. Auch dass ihr Team trotz Einschränkungen die aktuellen Trends und die Wünsche der Teilnehmer getroffen hat, beruhigt Ilse Fischer-Giovante: „Von Corona-bedingter Zurückhaltung oder Angst vor Ansteckung war nichts zu spüren. Die Folge war: Wir konnten aufgrund der Teilnahmebegrenzungen nicht alle Interessenten aufnehmen.“Bei Einzelveranstaltungen, wie Vorträgen oder Lesungen, seien die Teilnehmer jedoch viel zurückhaltender gewesen.
Mit den steigenden Infektionszahlen in der Region habe die VHS diese größeren Veranstaltungen abgesagt, um zur Risikovermeidung beizutragen, auch wenn sie in kleinerem Rahmen hätten stattfinden können, berichtet Ilse Fischer-Giovante. Das größte Anliegen der VHS sei es bereits seit März gewesen, Infektionen auf jeden Fall zu vermeiden, das werde auch weiter so gehandhabt.
Seit der neuen Coronaverordnung vom 2. November hat sich deshalb auch wieder einiges geändert. War die VHS noch mit einem Programmheft mit fast normalem Umfang in den Herbst gestartet, gingen die Verantwortlichen trotzdem davon aus, dass ihnen die Schulräume, wie vor den Ferien, nur in sehr eingeschränktem Maße zur Verfügung stehen werden.
Daher waren sie gezwungen, sich bei der Planung auf die eigenen und angemieteten Räume zu beschränken. Pausieren müssen aktuell alle Kurse im Entspannungs- und Bewegungsbereich bis einschließlich 30. November, da Sporthallen, Hallenbäder und Fitnessstudios momentan geschlossen sind. Alle übrigen Kurse finden unter Beachtung der Hygienevorschriften weiter statt. Die Volkshochschulen werden von der Landesregierung Baden-Württemberg mit dem öffentlichen Bildungsbetrieb gleichgestellt. Allerdings gilt jetzt, wie in den Schulen, die Maskenpflicht in allen Kursen für Lehrkräfte und Teilnehmende, was bisher aber nicht zu Schwierigkeiten führe. Selbst die täglich stattfindenden vierstündigen Integrationskurse finden mit Maske statt, so die VHS-Leiterin.
Insgesamt, sagt die VHS-Leiterin, habe Corona die VHS nicht nur negativ beeinflusst: „Wir haben zwangsweise einen Entwicklungssprung gemacht. Beispielsweise hat die VHS in vielen Bereichen ihr digitales Portfolio ausgeweitet.“Trotzdem sei „Online-Lernen“nicht überall eine Alternative. „Die Aufforderung der Politik, die Volkshochschulen sollen doch ,einfach online gehen’, ist unsinnig. Ganz sicher wird das traditionelle, auf persönliche Begegnung ausgerichtete VHS-Angebot erweitert werden um digitale Angebote. Aber ich rechne da mit einer Größenordnung von etwa 15 Prozent“, erklärt Ilse Fischer-Giovante.
Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr hat die VHS 28 Online-Versuche gestartet. Die Auswertung zeigte, dass die Kurse von den Teilnehmenden durchgängig als anstrengender empfunden werden als klassischer Unterricht. Zudem benötige man spezielle didaktische Systeme und speziell ausgebildete Lehrkräfte, besonders in der beruflichen Weiterbildung: „Ein einfaches Streamen des normalen Unterrichts funktioniert nicht.“Zudem müsse die entsprechende Technik vorhanden sein. Sinnvoll seien digitale Angebote für berufliche Bildung, Zielgruppen mit speziellen zeitlichen oder sozialen Einschränkungen (wie etwa junge Mütter) oder auch für hochkarätige Einzelvorträge, etwa im kulturellen Bereich. „Zukünftig könnte ich mir etwa eine „zentrale Online-VHS“für ganz Deutschland vorstellen“, blickt Ilse Fischer-Giovante in die Zukunft.
„Das Digitale“ist nicht die universelle Lösung für alles. Viele Teilnehmer suchen den „Live“-Kontakt mit den Lehrenden und mit der Gruppe. In den Kursen entstehen oft enge soziale Kontakte unter Gleichgesinnten. Ein effizienter Informationsaustausch sei zwar auch bei einer Videokonferenz gut möglich, aber weitaus seltener entstehe ein intensives Gruppengespräch oder eine Diskussion. Entspannungs- oder Bewegungskurse seien noch schwieriger online umzusetzen. Viele haben zu Hause keinen geeigneten Raum oder keine Lust, auch noch am Abend auf einen Bildschirm schauen zu müssen. Zudem geben viele Teilnehmer in der Befragung an, es mache einfach viel weniger Spaß, für sich alleine zu Hause zu üben, selbst unter Anleitung des gleichen Trainers.
Trotz der insgesamt guten Situation der VHS Blaubeuren-LaichingenSchelklingen müsse von Seiten des Bundes beziehungsweise des Landes etwas geschehen, bekräftigt Ilse Fischer-Giovante: „Unsere VHS wird Corona überstehen“, sie kenne aber andere Volkshochschulen, bei denen es nicht so rosig aussehe. Zudem habe die örtliche VHS auch nicht jahrzehntelang gut gewirtschaftet und Rücklagen gebildet, um alleine für die Corona-Krise vorzusorgen. Investitionen in neue Räumlichkeiten, Ausrüstung und allgemein in ein zukunftsfähiges, modernes Angebot stünden auch in den kommenden Jahren an. Allerdings könne man Geld eben nur einmal ausgeben.
Der VHS-Landesverband verhandle ganz aktuell mit der Landesregierung. „In diesen Verhandlungen wollen wir klar machen: Bildungsund Kultureinrichtungen sind nicht nur „nice-to-have“, sondern gehören wirtschaftlich und sozial zu unserem Leben. Gerade im Bereich der Erwachsenenbildung spielen die Volkshochschulen eine immens wichtige Rolle. Nach Corona müssen die Bildungseinrichtungen und Kulturbetriebe auch noch existieren.“Weitere Entschädigungszahlen wären laut Verband wünschenswert, um den Schaden, wie im März, zumindest teilweise aufzufangen.
Für die weitere Zukunft mit Corona müsse die VHS nun eine große Flexibilität an den Tag legen. Bevor die Krise nicht überwunden ist, sei eine geregelte Planung unmöglich. Trotzdem werfe man nicht die Flinte ins Korn sagt Ilse Fischer-Giovante und fügt optimistisch an: „Wir erwarten, dass Schnelltests und Impfungen uns bis zum Semester 2021/22 wieder langsam den Normalbetrieb erlauben. Wir planen ein vielseitiges Programm und freuen uns auf viel Teilnehmer.“