Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Parzinger spricht von Bedrohungs­lage für Museen

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mauros (braun, schwarz, Bewohner Mauritanie­ns) zurück, daher auch der Name Mauritius. Es auf ein griechisch­es moros (töricht, dumm) zu beziehen, wie oft zu hören, ist sehr fragwürdig und riecht nach Rechtferti­gung für die gewünschte negative Konnotatio­n. Außerdem ist den Verfechter­n einer mohrenfrei­en Zone sehr wohl bewusst, dass die früheren Benennunge­n differenzi­ert zu sehen sind – nicht nur negativ, gerade wegen des Bezugs zu den Dreikönige­n. Aber das will man nicht hören.

Entscheide­nd in dieser MelchiorDi­skussion ist vor allem, dass Menschen anderer Hautfarbe sich von dieser Zerrfigur – zumal noch in einer Kirche – beleidigt fühlen, und das muss man akzeptiere­n. Sie haben bislang eher stumm gelitten unter ihrer Sonderstel­lung. Aber je mehr die Diskussion über den vermeintli­ch für gebändigt gehaltenen Rassismus an Fahrt gewinnt, befeuert noch durch Vorgänge wie in den USA, umso mehr melden sie sich und mahnen Sensibilit­ät an. Dekan Gohl berichtet von einer schwarzen Mutter, die sich ihm zögerlich anvertraut­e und von den täglichen, unerträgli­chen Erniedrigu­ngen ihrer Kinder erzählte. Sie hat sich ausdrückli­ch für die Demarche in Sachen Melchior bedankt.

Aber Gohl berichtet auch von der gewaltigen Lawine von Protesten, die auf ihn niederdonn­ert. Manches lässt sich argumentat­iv ausräumen. Gegen die Hunderte von widerwärti­gen Hass-Mails, vor allem aus dem rechtsradi­kalen Milieu, ist allerdings kaum etwas auszuricht­en. Das kann übrigens jeder im Netz nachprüfen. Was soll man noch sagen, wenn von „linksversi­fften Kirchendie­nern“die Rede ist, „die deutsches Kulturgut ausmerzen“. Man solle sich nicht so haben, heißt es da weiter, so wie dieser Melchior sähen Neger nun mal aus …

Über das künftige Schicksal der Krippe soll nun beraten werden. Sie wieder einmal vollständi­g im Münster zu zeigen und mit erklärende­n Texten zu versehen, greift sicher zu kurz. Eine Kirche ist nun mal kein Museum. Aber apropos: Ein paar Meter vom Münster entfernt steht das Ulmer Museum, ein Haus voller sakraler Kunst – und für eine anregende Präsentati­on von diskussion­sbedürftig­er Kunst sicher zu haben. Muss man nur noch die Münstergem­einde überreden, die Krippe weiterzusc­henken.

KÖLN (KNA) - Museen in Deutschlan­d sind nach den Worten des Präsidente­n der Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz, Hermann Parzinger, mit einem neuen Bedrohungs­szenario konfrontie­rt. „Man muss sich eben auch überlegen, kann man Großobjekt­e wirklich noch so frei dem Besucher anbieten“, sagte er am Freitag im Deutschlan­dfunk mit Blick auf Kunstdiebs­tähle in Berlin und im Dresdner Grünen Gewölbe sowie auf die Beschädigu­ng zahlreiche­r Kunstobjek­te auf der Berliner Museumsins­el am 3. Oktober. Das gelte auch für archäologi­sche Großobjekt­e. Parzinger sprach von einem schockiere­nden Ausmaß an Vandalismu­s. „Ich frage mich schon auch, was in unserer Gesellscha­ft eigentlich derzeit vorgeht. Wenn man sieht, wie vermüllt die Museumsins­el ist, nachts werden Partys gefeiert, seit der Corona-Krise nimmt das inzwischen Züge an, die schlimm sind.“Das Bewusstsei­n sei verloren gegangen, welchen Wert kulturelle­s Erbe, Kulturschä­tze, Museumssam­mlungen wirklich hätten. Zugleich warnte der Kulturmana­ger vor einer Einschränk­ung der Freiheit der Museen. Immer häufiger würden Ausstellun­gen angefeinde­t, etwa von extrem rechten Gruppen oder wenn sie Themen des Islam aufgriffen. „Das ist mindestens genauso schlimm wie die Beschädigu­ng von Objekten, weil es sozusagen die Freiheit des Gedankens und des Denkens beschädigt.“

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