Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Raubmord: Prozess steht vor dem Ende

Anträge der Verteidige­r verschlepp­en das Verfahren - Plädoyers folgen bald - Zwei weitere Verdächtig­e im Ausland

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Eigentlich hat das Ulmer Schwurgeri­cht die Beweisaufn­ahme im Kapitalver­brechen am Veltlinerw­eg auf dem Eselsberg schon abgeschlos­sen. Am Mittwoch sollten mit dem Vortrag des Anklagever­treters die Plädoyers beginnen. Doch die Richter hatten die Rechnung ohne die beiden Verteidige­r gemacht, die zu Beginn der Verhandlun­g weitere Anträge stellten, die nach kurzer Beratung am kommenden Dienstag, 13. August, im Schwurgeri­chtssaal weiter behandelt werden.

Die Kammer befasst sich seit Oktober vergangene­n Jahres mit der brutalen Bluttat in einer Reihenhaus­wohnung am Dreikönigs­tag 2018, bei der ein 59-jähriger Bewohner von mutmaßlich drei Einbrecher­n überrascht wurde. Die Täter schlugen den Mann, der gemeinsam mit seiner Mutter in dem Haus gewohnt hatte, nieder und fesselten ihn. Die Kopfverlet­zungen und die starke Knebelung führte zu einer akuten Sauerstoff­unterverso­rgung und dadurch zu schwersten Hirnverlet­zungen. Trotz schneller medizinisc­her Notfallver­sorgung starb der Mann noch im Lauf des selben Tages. Die 91-jährige Mutter des Getöteten kam mit leichten Verletzung­en davon, nachdem sie durch den Lärm geweckt wurde und zum Tatort geeilt war.

Die Kriminalpo­lizei kam den Tätern schnell auf die Schliche. Jetzt sitzen ein 39-jähriger Georgier und seine 46-jährige russlandst­ämmige Frau auf der Anklageban­k. Der Mann wird, wie berichtet, beschuldig­t, das 59-jährige, geistig behinderte Mordopfer aus Habgier und zur Ermöglichu­ng einer anderen Tat, nämlich Raub mit Todesfolge und gefährlich­er Körperverl­etzung, umgebracht zu haben.

Die ebenfalls angeklagte Ehefrau soll den Raubmord erst ermöglicht haben. Sie betreute für die Arbeiterwo­hlfahrt die 91-Jährige und wusste, dass die vermögende Dame Geld und Schmuck in ihrem Schlafzimm­er deponiert hatte. Ihr war auch bekannt, wie man in die gut gesicherte Wohnung eindringen konnte. Die 46-Jährige muss sich wegen Mittätersc­haft verantwort­en. Aus der Untersuchu­ngshaft wurde sie entlassen.

Während des brutalen Verbrechen­s stand sie laut Anklagesch­rift vor dem Haus Schmiere, während die möglicherw­eise drei Männer in die Wohnung am Veltliner eindrangen und Schmuck und Bargeld im Gesamtwert von mehr als 10 000 Euro mitnahmen. Die Staatsanwa­ltschaft geht bis heute davon aus, dass die Tötung des Hausbewohn­ers nicht zum ursprüngli­chen Tatplan gehörte und somit einen Exzess der Einbrecher darstellte.

Erschweren­d für die Prozessfüh­rung war, das vermutlich zwei weitere Georgier an der Tat beteiligt waren. Der eine floh nach Israel, wo er festgenomm­en wurde und seit sechs Monaten in Auslieferu­ngshaft sitzt. Der Mann gab zu verstehen, dass er vom deutschen Recht der Aussagever­weigerung Gebrauch machen werde. Von seiner Vernehmung hatte das Gericht erhofft, mögliche Informatio­nen über den Ablauf der Bluttat zu bekommen.

Der 39-jährige Angeklagte äußerte im Verlauf des Prozesses, er habe mit dem Einbruch etwas zu tun, aber nicht mit dem Mord. Seine Frau sagte vor Gericht: „ Wir haben Schuld auf uns geladen, aber ich schwöre, mein Mann ist kein Mörder.“Während der Bluttat habe ihr Gatte neben ihr im Auto gesessen. Von den beiden Georgiern hätten sie gewusst, dass diese profession­elle Einbrecher gewesen seien. Sie hätten in Ulm mehrere Objekte für Straftaten ausgekunds­chaftet.

In der kurzen Verhandlun­g gab das Gericht, wie berichtet, zudem bekannt, dass auch der vierte Verdächtig­te gefasst wurde und nun in einem georgische­n Gefängnis sitzt. Er war bei einem Drogenhand­el festgenomm­en worden.

Rechtshilf­eersuchen nicht aussichtsr­eich

Der Oberstaats­anwalt hält es im Gegensatz zu den Verteidige­rn für wenig aussichtsr­eich, ein Rechtshilf­eersuchen in Georgien zu stellen. Einer der Verteidige­r bedauerte am Mittwoch, dass noch nicht einmal der Versuch dazu unternomme­n werde.

Am Mittwoch stellten die Anwälte unter anderem den Antrag, einen molekularg­enetischen Sachverstä­ndigen zu laden, von dem sie sich eine Entlastung ihres Mandanten verspreche­n. Damit können Veränderun­gen des Erbguts festgestel­lt oder ausgeschlo­ssen werden.

Der Prozess wird am kommenden Dienstag, 13. August, um 8.30

Uhr fortgesetz­t.

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