Schwäbische Zeitung (Ehingen)

700 Kilometer durch die Wüste

Munderking­erin wurde für eine besondere Reise auf dem Kamel auserwählt.

- Von Selina Ehrenfeld

● MUNDERKING­EN/ABU DHABI - Eine seltene Erfahrung hat die Munderking­erin Denise Ostermann vor Kurzem machen dürfen. Mehr als 700 Kilometer ist sie durch die arabische Wüste geritten – auf einem Kamel. Als anstrengen­d, herausford­ernd aber auch unheimlich bereichern­d und inspiriere­nd beschreibt Ostermann die Reise. Dem Wunsch, die Kultur des Arabischen Welt besser zu verstehen, ist sie damit ein großes Stück näher gekommen.

Dabei wohnt Denise Ostermann bereits seit 14 Jahren in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten. Eine typische Auswanderi­n ist sie nicht. „Als ich hierher kam, um als Reiseleite­rin zu arbeiten, war der Plan, ein Jahr zu bleiben und dann weiterzuzi­ehen“, informiert die 36-Jährige. Das Leben in den Emiraten hat ihr jedoch so sehr gefallen, dass sie nach Abu Dhabi gezogen ist und einen Job als Einzelhand­elskauffra­u begonnen hat. Durch die Social-Media-Plattform Instagram lässt sie ihre Freunde und Familie an ihrem Leben teilhaben und stellt dort die Kultur des Landes vor. Die konnte sie jetzt selbst nochmal ein bisschen besser kennenlern­en.

Auf gut Glück beworben

Dabei schien die Teilnahme an dem Kameltrip für sie zunächst bloße Wunschvors­tellung zu sein. Nur wenige Menschen und lange Zeit ausschließ­lich Einheimisc­he durften bisher an der Reise teilnehmen. „Über den Kameltrip habe ich einmal in der Zeitung gelesen und mich eher aus Spaß beworben“, erinnert sich die gebürtige Munderking­erin. Damals sei ihr auch noch nicht klar gewesen, wie mühselig das Auswahlver­fahren für den Trip ist, der jedes Jahr vom Sheikh Hamdan Centre for Heritage (SHCH) organisier­t wird. Das SHCH ist eine Initiative von „ganz oben“, vom Kronprinz und Herrscher Dubais, Scheich Hamdan Bin Mohammed Al Maktoum. Dem Leben der nomadische­n Wüstenbewo­hner, der Beduinen, die vor einigen Jahrzehnte­n noch durch die Wüste auf dem Kamel gewandert waren und in Zelten übernachte­ten, fasziniert­e sie. Umso mehr freute sich Denise Ostermann, dass sie in die engere Auswahl gewählt wurde. Zunächst stand ein zweitägige­r Besuch auf einer Kamelfarm an, um den Umgang mit den Tieren zu erlernen. Besonders knifflig stellte sich für die Munderking­erin der Umgang mit dem Schadad, dem Sattel, heraus. „Dieser besteht aus ein paar Decken und Stricken. Und wenn nicht jeder Handgriff sitzt, kann es sehr unangenehm werden“, schildert Ostermann.

Sehr zeitintens­iv

Ihr Kollege, der zunächst mit ins die engere Auswahl kam, musste das Training frühzeitig abbrechen. „Es war alles sehr zeitintens­iv und anstrengen­d. Auch ich war kurz davor, aufzugeben“, beschreibt Ostermann. Auch die Dauer und die Entfernung der Ausritte mit dem Kamel hätten sich ständig geändert. Ostermann vermutet: „Es lag wohl daran, dass die Organisato­ren nach neuen Herausford­erungen gesucht haben und so hat sich gezeigt, wer wirklich dabei sein will.“Ihre Eltern, die immer noch in Munderking­en leben, seien von Anfang an von ihrem Plan begeistert gewesen und hätten sie immer motiviert. „Sie sind auch mit auf die Farm gekommen, um sich selbst ein Bild zu machen“, erzählt Ostermann.

Wie herausford­ernd der Umgang mit einem Kamel ist, das hat die Munderking­erin in der Zeit der Vorbereitu­ng schnell zu spüren bekommen. Ein komisches Gefühl sei es gewesen, das erste Mal ohne jegliche Hilfe, mit Ausnahme eines Seils und eines Stocks, ein Kamel zu dirigieren. „Damals schien mir der Trip als ein Ding der Unmöglichk­eit“, sagt Ostermann. Hinzu kam das Aackeln, denn das Kamel bewegt sich im Passgang fort, das heißt, dass das Tier bei einem Schritt beide Beine auf derselben Seite vorwärts bewegt. „Es hat seinen Spitznamen als Wüstenschi­ff also absolut verdient. Nichts für Leute, die leicht seekrank werden“, berichtet Ostermann.

Dann, nach langer Vorbereitu­ngszeit, ging es Anfang des Jahres endlich los auf große Reise durch die Wüste. Aus den mehr als 800 Bewerbern wurden letztlich elf Teilnehmer aus neun Ländern ausgewählt, eine davon: Denise Ostermann. Die Munderking­erin durfte auf Dhabian reiten, was so viel heißt wie Zuverlässi­gkeit. „Sein Spitzname aber war Bulldozer, da er dementspre­chend durch die Würste gerollt ist“, so Ostermann. Der 14-tägige Trip startete in Ghayati, weiter ging es in den Süden an die Grenze zu Saudi Arabien. „Dort ging es drei Tage entlang der Grenze durch nichts als Wüste“, beschreibt Ostermann. Und trotz des Trainings im Vorfeld sei der Ritt schnell ermüdend geworden. „Man sollte meinen, dass es mit jedem Tag einfacher wird aber manchmal schien es wirklich aussichtsl­os“, sagt die 36-Jährige. Da das Kamel nicht mit Steigbügel ausgestatt­et ist, konnten die Reisenden ihre Beine auch nicht wirklich ausruhen. „Umso größer war am Abend die Freude, wenn wir unser Camp am Horizont oder hinter der nächsten Düne sichten konnten“, sagt Denise Ostermann. Eine erleichter­nde Erkenntnis für sie sei jedoch gewesen, dass die anfänglich­en Schwierigk­eiten mit dem Kamel kein Thema mehr waren. „Nun konnte ich ohne Stock und Seil, nur mit Lauten mein Kamel steuern und sogar im Stehen reiten“, erinnert sie sich.

So vergingen die Tage in der Wüste, täglich ritt die Gruppe bis zu acht Stunden. Dabei machte das Wetter – Wind, Sandstürme, Kälte aber auch Sonne – den Teilnehmer­n zu schaffen. Stolz und froh, dass die Strapazen vorbei waren, aber auch traurig über das nahende Ende sei die Gruppe kurz vor dem Ziel gewesen. Und auch nach der Reise sei ein komisches Gefühl zurückgebl­ieben. „Es war schon merkwürdig, dann nach langer Zeit in der endlosen Wüste wieder in die Zivilisati­on zurückzuke­hren, wieder ins Auto zu steigen, mit so vielen Menschen um einen herum“, beschreibt sie die Zeit danach. Ihr Handy nahm sie erst gar nicht mit auf die Reise. Ihre Erkenntnis­se nach dem Kameltrip: „Die Wüste hat etwas Beruhigend­es an sich. Man weiß es danach wieder zu schätzen, wie wenig man zum Glücklichs­ein braucht“, so Ostermann. Doch die Erinnerung­en bleiben. Ein Höhepunkt sei der Besuch des Scheichs Mohammed gewesen. „Diese Möglichkei­t, eine solche Persönlich­keit zu treffen, ergibt sich nicht alle Tage“, sagt die 36-Jährige.

In Abu Dhabi möchte Denise Ostermann auf jeden fall bleiben. „Natürlich sind viele Dinge mit hohen Kosten verbunden, aber das Leben ist hier sehr angenehm“, sagt sie. Die Vorurteile, dass Frauen dort einen geringeren Stellenwer­t als Männer haben, könne sie nur verneinen. „Ganz im Gegenteil. Ich habe das Gefühl, dass Frauen hier generell bevorzugt werden.“Fast überall gebe es eine Sektion nur für Frauen, was die Wartezeit auf Ämtern unheimlich verkürze. „Auch im Job werden Frauen und Männer gleichgest­ellt.“Ihre Heimat Munderking­en vermisse sie trotz der Begeisteru­ng zu Abu Dhabi aber sehr. Vor allem die Eltern und ihre Freunde. „Auch die Natur und manchmal das Wetter. Aber dank der heutigen Möglichkei­ten in Kontakt zu bleiben, fühlt es sich nicht mehr ganz so weit an und ich werde auf dem Laufenden gehalten“, sagt Deni

„Die Wüste hat etwas Beruhigend­es an sich“, sagt Denise Ostermann.

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FOTOS: PR Hat sichtlich Spaß mit ihrem Gefährten, dem Kamel: Denise Ostermann.
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Die Munderking­erin (vorne) während des Trips durch die Wüste.

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