Besser als gestern
Pita Taufatofua wird 114. des 15-Kilometer-Freistilrennens und ist doch ein Gewinner
● PYEONGCHANG - Den Ritterschlag gab es im Ziel: Dario Cologna, im Langlauf einer der ganz, ganz Großen und gerade Olympiasieger auf der 15-Kilometer-Distanz im freien Stil geworden, gratulierte per Handschlag. Für Pita Taufatofua einer der vielen wohl unvergesslichen Momente an diesem 16. Februar 2018. Aber nicht der Moment. Den notierten die Chronisten um 16.52 Uhr, exakt 56:41,1 Minuten nachdem der 34-jährige Tongaer auf die vier fordernden 3,75-Kilometer-Schleifen aufgebrochen war. 578 Meter Anstieg hatte er hinter sich, manch mehr als knackigen Bergauf-Part überwunden, 116 Meter Höhendifferenz – jetzt war es geschafft. Sein Pfullendorfer Trainer Thomas Jacob (siehe „Nachgefragt“) hatte auf eine Zeit „zwischen 55 und 58 Minuten“gehofft. Sein Sportler war im Soll geblieben, 22:57,2 Minuten nur hinter dem Triumphator aus der Schweiz. Jetzt stand er vor der Tribüne, gebeugt, sich sortierend. Dann riss Pita Taufatofua die Arme gen Himmel über Pyeongchang. Und genoss.
Sie ist eine der Geschichten, wie sie die Menschen mögen, die Geschichte vom Taekwondo-Kämpfer Taufatofua, der das Gespür für den Schnee sucht. Bei Thomas Jacob, Ausbilder Nordic im Deutschen Alpenverein, Sektion Pfullendorf, findet er es; am 13. Januar 2017 steht er im Bregenzerwald erstmals auf Langlaufskiern. Jetzt, 13 Monate später, tut Pita Taufatofua das olympisch. Bei seinen zweiten Spielen, auch das weiß die Welt – Stichwort Fahne, Stichwort Öl.
Das Medieninteresse war entsprechend groß in Pyeongchang. Alle Interviewhürden nahm Pita Taufatofua eloquent. Freundlich sowieso, pointiert zuspitzend mitunter auch. Da beherrscht einer die Klaviatur des Sich-nicht-unter-Wert-Verkaufens. Darf er aber auch. Denn: Er kann eben auch seinen Sport. So gut jedenfalls, dass er ankam, seinen Rhythmus durchhielt und zwei Konkurrenten auf der Strecke auf Distanz hielt. Platz 114 – auf der letzten Abfahrt, den Sehnsuchtsort Ziel im Blick, hatte Pita Taufatofua genau noch diesen einen Gedanken: „Lieber Gott, lass mich bitte nicht noch hier vor diesen vielen Leuten stürzen.“Er skatete aufrecht zum Sieg über sich selbst. Um eine gute Stunde später – letzte Frage, letzte Antwort – einen fast olympischen Satz zu sagen: „Solange ich besser bin als gestern, solange ich besser bin als
letzte Woche – das ist ein Gewinn!“Ein Gewinner ist Pita Taufatofua auch durch, für und mit Thomas Jacob. „Ich lande in Stuttgart, ich steige aus dem Flugzeug, ich sage: ,Trainer,
ich habe kein Geld, Sie dafür zu bezahlen, mein Trainer zu sein. Aber in einem Jahr gehen wir zu den Olympischen Spielen.‘ Er sagte: ‚Okay‘. Dann wurde er meine Familie.“